Arbeitszeugnis: Arten, Anspruch und Anfechtung

geprüft von Raffael Sauer
Rechtsanwalt für Verbraucher- und Arbeitsrecht
Angestellte tragen zum Unternehmenserfolg bei und wachsen dabei oft über sich hinaus. Ein Arbeitszeugnis ist der schriftliche Beweis dafür und ihr Aushängeschild im Bewerbungsprozess. Allerdings steht das Zeugnis mit dem Ende eines Arbeitsverhältnisses in Verbindung und bietet deshalb Konfliktpotenzial. Wichtige Fakten zum Arbeitszeugnis und wie Angestellte sich gegen ein schlechtes Zeugnis wehren können, zeigt dieser Ratgeber.
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- Das Arbeitszeugnis ist ein wichtiges Schriftstück für Angestellte.
- Mit dem Zeugnis geben Arbeitgeber schriftlich Auskunft über die Beschäftigung und die Leistungen von Angestellten.
- Ein Arbeitszeugnis muss wohlwollend sein, allerdings greifen Arbeitgeber häufig auf codierte Formulierungen zurück, um versteckte Kritik zu üben.
- Angestellte sollten ihr Arbeitszeugnis professionell prüfen lassen, um ein hervorragendes Aushängeschild für ihre Bewerbungsmappe zu erhalten.
- Dies lässt sich über einen Online-Check im SIEGFRIED CLUB prüfen.
Was ist ein Arbeitszeugnis und wozu dient es?
Ein Arbeitszeugnis ist ein wichtiges Schriftstück in der Arbeitswelt. Arbeitgeber erbringen damit einen schriftlichen Nachweis über das Beschäftigungsverhältnis von Angestellten. Das Zeugnis gibt Auskunft über
- Dauer
- Position
- Art des Arbeitsverhältnisses
- Verhalten
- erbrachte Leistungen / Inhalt der Tätigkeit und Aufgaben.
Das Arbeitszeugnis dient zum einen dazu, Fakten zur Beschäftigung festzuhalten. Zum anderen wird darin die Leistung von Angestellten beurteilt, damit zukünftige Arbeitgeber sich unabhängig von der Selbsteinschätzung der Bewerbenden ein Bild über sie machen können.
Welche Arten von Arbeitszeugnissen gibt es?
Zeugnis ist nicht gleich Zeugnis. Was charakterisiert zum Beispiel ein Zwischenzeugnis? Und was unterscheidet ein qualifiziertes Arbeitszeugnis von einem einfachen?
Einfaches Arbeitszeugnis: Wer ein Unternehmen schon nach kurzer Zeit wieder verlässt, erhält ein einfaches Arbeitszeugnis. Es dient als Tätigkeitsnachweis und füllt Lücken im Lebenslauf. Allerdings bewertet es weder Leistung noch Verhalten.
Qualifiziertes Arbeitszeugnis: Im Gegensatz zum einfachen enthält ein qualifiziertes Arbeitszeugnis Tätigkeitsbeschreibung, Verhaltensbewertung und besondere Leistungen des Arbeitnehmenden.
Zwischenzeugnis: Auszubildende, die übernommen werden, Mitarbeiter, die einen neuen Vorgesetzten bekommen oder die Abteilung wechseln und langjährige Beschäftigte können ein qualifiziertes Zwischenzeugnis verlangen.
Ausbildungszeugnis: Am Ende ihrer Ausbildung erhalten Mitarbeitende ein Ausbildungszeugnis. Es enthält Angaben über die Art der Ausbildung, die Dauer der Ausbildung im Unternehmen und welche Fähigkeiten und Kenntnisse die Auszubildenden erworben haben.
Praktikumszeugnis: Praktikantinnen und Praktikanten leisten die gleiche Arbeit wie der Rest der Belegschaft. Deshalb bekommen auch sie nach absolviertem Praktikum ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis.
Vorläufiges Arbeitszeugnis: Ein vorläufiges Arbeitszeugnis erhalten Beschäftigte, wenn sie gekündigt wurden oder gekündigt haben. Der Inhalt wird in der Regel nach Ablauf der Kündigungsfrist ohne Änderungen in das qualifizierte Schlusszeugnis übernommen.
Beurteilungsschreiben: Falls ein qualifiziertes Zeugnis nicht in Frage kommt, zum Beispiel für Freelancer, kann alternativ ein Beurteilungsschreiben formuliert werden. Arbeitgeber können diese Zeugnisart freiwillig ausstellen.
Wann hat man Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Alle Angestellten haben Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Üblicherweise bekommen sie ein Arbeitszeugnis nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Wenn sie bereits einige Zeit im Unternehmen angestellt sind, haben sie auch ohne Kündigungsabsicht auf ein Zwischenzeugnis Anspruch.

Anspruch auf Arbeitszeugnis ist gesetzlich geregelt
Der Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses ergibt sich bei Dienstverhältnissen aus § 109 Gewerbeordnung (GewO).
Dieser Anspruch besteht immer und gilt also zum Beispiel bei
- Nebenjobs
- Praktika
- Vollzeitjobs
- Teilzeitkräften
- befristeten Arbeitsverträgen
- Kündigung durch Angestellte
- Kündigung durch Arbeitgeber
- Minijobs
Ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein Zeugnis auszustellen?
Auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin können Arbeitnehmende ein qualifiziertes Zeugnis erhalten. Äußern sie diesen Wunsch nicht, erhalten sie nur ein einfaches Zeugnis und können kein qualifiziertes Zeugnis mehr fordern.
Auszubildende haben nicht nur einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, sondern bei ihnen ist der Arbeitgeber zur Ausstellung eines Zeugnisses verpflichtet.
Wie schnell muss ein Arbeitszeugnis ausgestellt werden?
Auch wenn sie nicht aktiv aufgefordert werden, müssen Unternehmen ihren Angestellten ein Zeugnis schreiben. Gesetzlich festgelegte Fristen für die Zeugnisausstellung gibt es nicht. Angemessen und üblich sind jedoch höchstens vier Wochen nach Kündigung.
Die Verjährungsfrist beträgt normalerweise drei Jahre, kann jedoch je nach Vereinbarungen im Arbeitsvertrag bereits früher eintreten. Deshalb ist es ratsam, das Arbeitszeugnis so schnell wie möglich einzufordern.
Erhalten Beschäftigte auch nach freundlicher Erinnerung keinen Nachweis über ihre Tätigkeit und ihre Arbeitsleistung, sollten sie das Zeugnis schriftlich einfordern und dabei eine Frist setzen. Bleibt auch dieser Schritt erfolglos, hilft nur anwaltliche Unterstützung.
Was muss ins Arbeitszeugnis – und was darf darin nicht stehen?
Grundsätzlich gehört in ein Arbeitszeugnis die Wahrheit – so verlangt es das Gesetz. Es muss zudem wohlwollend sein und alle Formulierungen müssen klar und verständlich sein. Der erforderliche Inhalt hängt von der Art des Zeugnisses ab.
Aufbau eines Arbeitszeugnisses
Während ein einfaches Zeugnis lediglich Angaben über persönliche Daten von Angestellten sowie Art und Dauer der Beschäftigung enthält, gehören in ein qualifiziertes Zeugnis Ausführungen über die Leistungen.
Der grobe Aufbau ist wie folgt:
- Überschrift (Zeugnisart)
- Name und Geburtsdatum des Angestellten
- Zeitraum der Tätigkeit
- Positionsbezeichnung
- Angaben zum Unternehmen
- Beschreibung von Tätigkeit und Aufgaben
- Beurteilung der Leistung
- Beurteilung des Sozialverhaltens
- Austrittsgrund
- Schlussformel mit Bedauern über den Austritt und Danksagung
- Unterschrift und Datum
Das Arbeitszeugnis muss schriftlich ausgestellt, ausgedruckt und per Hand unterschrieben werden. Digitale Arbeitszeugnisse müssen Angestellte nicht akzeptieren. Da das Zeugnis ein wichtiges Dokument ist, wird es üblicherweise auf dem Briefpapier des Unternehmens ausgedruckt und mit Sorgfalt behandelt. Sichtbare Knicke und Schmutz sind ebenfalls nichts, was Beschäftigte hinnehmen müssen.
Das gehört nicht ins Zeugnis
Fehler sind im Arbeitszeugnis tabu. Verboten sind außerdem falsche oder widersprüchliche Aussagen, Übertreibungen und allgemeine Formulierungen. Verboten sind zudem diskriminierende oder persönliche Angaben, etwa über die politische Orientierung, die Zugehörigkeit zu einer Religion oder über Krankheiten.
Daneben sind auch Ironie und Spott im Arbeitszeugnis nicht erlaubt. Das stellte das Landesarbeitsgericht Hamm in einem Beschluss vom 14.11.2016 fest (Az. 12 Ta 475/16). In dem Fall sollte ein Mitarbeiter sein Arbeitszeugnis selbst schreiben. Der Vorgesetzte veränderte das Zeugnis jedoch. So schrieb dieser unter anderem „Wenn es eine bessere Note als „sehr gut“ geben würde, würden wir ihn damit beurteilen.“ Den Abgang des Mitarbeiters nehme das Unternehmen zur Kenntnis. Das Landesarbeitsgericht Hamm stufte das spöttisch und ironisch ein. Leser könnten darin erkennen, dass die Bewertungen nicht ernst gemeint sind. Und: Der Hinweis, dass das Unternehmen das Ausscheiden des Mitarbeiters zur Kenntnis nehme, sei ein negativer Hinweis darauf, dass die Parteien nicht im Einvernehmen auseinander gehen. Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass der Arbeitgeber das Zeugnis korrigieren muss.
Arbeitszeugnis-Formulierungen und was sie bedeuten
Arbeitgeber sind angehalten, wohlwollende Zeugnisse auszustellen. Doch was für viele Beschäftigte freundlich und positiv formuliert klingt, kann in Wahrheit unterschwellige Kritik enthalten. Denn oft enthalten Zeugnisse Geheimcodes. Sie sind für Laien schwer zu erkennen, für zukünftige Arbeitgeber jedoch mühelos zu entlarven.
Stolperfallen gibt es auch bei der Zeugnis- bzw. Zwischenzeugnis-Schlussformel, etwa wenn der Dank für die (bisher) geleistete Arbeit oder das Bedauern für das Ausscheiden fehlen. Das Weglassen von Informationen oder der Fokus auf Unwesentliches lassen sich beim Arbeitszeugnis immer negativ auslegen und sollten hinterfragt werden.

Was können Arbeitnehmende gegen ein schlechtes Zeugnis tun?
Sind Angestellte mit Formulierungen oder der Form ihres Zeugnisses unzufrieden oder vermuten eine unfaire Bewertung, können sie ihr Arbeitszeugnis anfechten und ein Neues verlangen. Dazu sollten sie zunächst das persönliche Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und dann schriftlich und mit Fristsetzung die Korrektur einfordern.
Einfacher ist es für Beschäftigte, wenn sie sich von Anfang an von einer Expertin oder einem Experten beraten lassen. So können sie mit Unterstützung das Arbeitszeugnis prüfen und gemeinsam entscheiden, welche Schritte für ein überarbeitetes, wohlwollendes Arbeitszeugnis notwendig sind.
Fazit: Beim Arbeitszeugnis immer das Maximum anstreben
Damit Angestellte sich nicht den Weg zu ihrem Traumjob verbauen, sollten sie sich beim Arbeitszeugnis nur mit dem Besten zufriedengeben und ihr Zeugnis gründlich prüfen. Denn in der Arbeitswelt haben sich Geheimcodes etabliert, die zwar wohlwollend wirken, aber Beschäftigte im schlimmsten Fall in ein schlechtes Licht rücken.
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Juristische Prüfung durch Rechtsanwalt Raffael Sauer
Dieser Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der SIEGFRIED-Redaktion erstellt und von Raffael Sauer juristisch geprüft. Sauer ist Rechtsanwalt bei der ProRights Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Das Arbeitsrecht gehört dabei zu seinen Fachgebieten, in denen er Mandanten erfolgreich vertritt.
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