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Arbeitgeber verweigert Arbeitszeugnis

Kein Arbeitszeugnis trotz Aufforderung erhalten? Das können Sie jetzt tun

Rechtsanwalt Niklas Gellert

geprüft von Niklas Gellert
Rechtsanwalt für Verbraucherrecht

20. April 2022 um 05:47

Endet ihr Arbeitsverhältnis, haben Angestellte das Recht auf ein wohlwollendes Arbeitszeugnis. Es ist Aushängeschild ihrer Fähigkeiten und Türöffner für künftige Positionen. Wer vom Arbeitgeber kein Arbeitszeugnis trotz Aufforderung erhält, sollte deshalb handeln. Dieser Artikel zeigt, welche Schritte möglich sind und was Arbeitnehmende wissen müssen, denen das Arbeitszeugnis verweigert wird.

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Das Wichtigste in Kürze
  • Für Arbeitnehmende besteht ein gesetzlicher Anspruch auf ein wohlwollendes und angemessenes Arbeitszeugnis.
  • Angestellte sollten ihr Zeugnis so früh wie möglich und am besten schriftlich einfordern, zum Beispiel im Rahmen der Kündigung.
  • Angestellte, die auch nach mehrmaliger Aufforderung kein Arbeitszeugnis erhalten, können ihr Zeugnis vor Gericht einklagen.
  • Durch einen Online-Check im SIEGFRIED CLUB können Sie Ihre Ansprüche prüfen.

Arbeitszeugnis wird nicht ausgestellt: Können Arbeitgeber das Zeugnis verweigern?

Beschäftigten muss auf Wunsch ein Arbeitszeugnis ausgestellt werden. Damit bescheinigt ihnen der Arbeitgeber erbrachte Leistungen und bewertet das Verhalten gegenüber dem Team, der Kundschaft und den Vorgesetzten.

Wann haben Arbeitnehmer Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Die rechtlichen Grundlagen für den Anspruch auf ein Arbeitszeugnis finden sich in verschiedenen Normen:

  • Angestellte haben laut § 109 GewO (Gewerbeordnung) Anspruch auf ein Zeugnis.
  • Arbeitgeber von Auszubildenden sind gemäß § 16 BBiG (Berufsbildungsgesetz) zur Zeugnisausstellung verpflichtet.
  • Für Dienstleistende kann sich ein Anspruch aus § 630 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ergeben.
  • Im öffentlichen Dienst gilt § 35 Abs. 1 TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst).

Einen Zeugnisanspruch haben Beschäftigte immer dann, wenn ein Arbeitsverhältnis endet – egal ob sie in Teilzeit angestellt waren, ein Praktikum oder eine Ausbildung absolviert haben oder ein befristeter oder unbefristeter Arbeitsvertrag bestand. Unerheblich für den Anspruch ist auch die Art der Kündigung.

Wie schnell muss ein Zeugnis ausgestellt werden?

Je frischer die Erinnerung an das Beschäftigungsverhältnis, desto einfacher ist das Schreiben des Zeugnisses. Deshalb wird es in der Regel zum letzten Arbeitstag erstellt. Nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb sollte ein Termin zur Abholung des Zeugnisses vereinbart werden.

Arten von Arbeitszeugnissen

Diese Arten von Arbeitszeugnissen gibt es.

Auf Wunsch erhalten Beschäftigte ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis. Bereits vor einer Kündigung können sie ein Zwischenzeugnis verlangen.

Das sind die Unterschiede:

  • Einfach: Enthält Angaben über Art und Dauer der Beschäftigung – Anspruch besteht mit Kündigung und solange Unterlagen über die Beschäftigung im Betrieb vorliegen
  • Qualifiziert: Umfasst neben Angaben des einfachen Zeugnisses auch eine Bewertung von Leistung und Verhalten des Beschäftigten – Anspruch kann bereits nach wenigen Wochen verwirken
  • Zwischenzeugnis: wird im Laufe der Beschäftigung frühestens nach einigen Wochen der Betriebszugehörigkeit ausgestellt
  • Vorläufig: wird zum Beispiel für Bewerbungszwecke kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses ausgestellt
  • Endzeugnis: wird am Ende des Arbeitsverhältnisses erstellt und kann auf einem vorläufigen Zeugnis basieren
Aufgepasst bei einfachem Zeugnis!

Verlangen Angestellte ein einfaches Zeugnis, erlischt damit der Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Das hat das Sächsische Landesgericht 2003 entschieden.

Wann muss der Arbeitgeber kein Arbeitszeugnis ausstellen?

Arbeitgeber müssen ihren Angestellten nur dann ein Arbeitszeugnis ausstellen, wenn diese es auch verlangen. Lediglich Auszubildende müssen ohne Aufforderung ein Zeugnis erhalten.

Nicht mehr ausstellen müssen Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis, wenn das Beschäftigungsverhältnis bereits zu lange zurückliegt. Nach § 195 BGB liegt die Frist bei einem Jahr nach Ausscheiden des Arbeitnehmers. Diese Frist verfällt zudem, wenn keine Unterlagen mehr über ausgeschiedene Beschäftigte im Unternehmen vorhanden sind.

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Ich bekomme kein Arbeitszeugnis – welche Schritte muss ich unternehmen?

Mann in Anzug streckt ablehnend die Hand aus.

Auch wenn ihnen mündlich ein Arbeitszeugnis zugesichert wird, sollten Angestellte ihr Zeugnis schriftlich einfordern und eine Frist setzen.

So gehen Beschäftigte vor, wenn sie kündigen oder ihnen gekündigt wird:

  • Angestellte können bereits im Kündigungsschreiben eine konkrete Frist von zwei bis drei Wochen für die Zeugnisausstellung festlegen.
  • Wird ihnen gekündigt ohne Hinweis auf ein Arbeitszeugnis, sollten sie das Zeugnis selbstständig und schriftlich einfordern und dafür ebenfalls eine Frist von zwei oder drei Wochen setzen.

Arbeitgeber schickt kein Arbeitszeugnis

Stellt der Arbeitgeber ein Zeugnis aus, muss er es ehemaligen Angestellten nicht per Post zuschicken. Denn der Zeugnisanspruch ist eine Holschuld: Beschäftigte müssen das Arbeitszeugnis beim Arbeitgeber abholen. Eine Ausnahme gilt, wenn Arbeitnehmende umgezogen sind und der Aufwand zum Abholen des Zeugnisses unverhältnismäßig hoch wäre.

Arbeitgeber stellt kein Zwischenzeugnis aus

Ein gesetzlicher Anspruch besteht nur auf ein Abschlusszeugnis. Der Anspruch für ein Zwischenzeugnis kann sich aber aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag ergeben oder wenn triftige Gründe vorliegen. Dann dürfen Angestellte auch für ihr Zwischenzeugnis eine Frist setzen.

Gründe sind etwa der Wechsel des Vorgesetzten, ein interner Positionswechsel oder eine lange Betriebszugehörigkeit, in der bisher noch keine Leistungsbeurteilung erfolgt ist.

Arbeitszeugnis wird verweigert trotz mehrmaliger Aufforderung: Welche Ansprüche ergeben sich?

Versäumt ein Arbeitgeber es, ein Zeugnis auszustellen, ist eine Mahnung angebracht. Wird dann immer noch kein Arbeitszeugnis trotz Aufforderung angefertigt, verletzt der Arbeitgeber damit seine Zeugnispflicht.

Chef diskutiert mit Arbeitnehmerin über das verweigerte Arbeitszeugnis.

Können Ex-Beschäftigte nachweisen, dass ihnen ein Schaden durch ein nicht ausgestelltes oder fehlerhaftes Zeugnis entstanden ist, haben sie Anspruch auf Schadensersatz. Ein Schaden kann zum Beispiel durch Bewerbungsabsagen entstehen.

Arbeitgeber verweigert Arbeitszeugnis mehrmals: Arbeitszeugnis-Klage als letztes Mittel

Angestellte haben das Recht auf ein Arbeitszeugnis und sollten davon unbedingt Gebrauch machen. Denn unvollständige Bewerbungsunterlagen werfen Fragen auf und senken die Chancen auf die Zusage für eine Stelle.

Der Arbeitgeber will kein Arbeitszeugnis ausstellen und mehrere Aufforderungen blieben erfolglos? In diesem Fall sollten Beschäftigte ihr Zeugnis einklagen. Eine Zeugnisklage lohnt sich auch, wenn das Zeugnis zwar ausgestellt wurde, aber fehlerhaft oder ungerechtfertigt negativ ist.

Zu beachten ist: Bei fehlenden oder falschen Arbeitszeugnissen liegt die Beweislast beim Arbeitgeber, soll das Arbeitszeugnis verbessert werden, liegt sie beim Klagenden.

Arbeitgeber stellt kein Arbeitszeugnis aus: Diese Fristen gelten für die Klage

Keine Zeit verlieren

Auch ohne Ausschlussfristen sollte zwischen dem Beschäftigungsende und der Zeugnisausstellung nicht zu viel Zeit verstreichen: Oft entscheiden Gerichte, dass Ansprüche unabhängig von der Verjährungsfrist bereits früher verwirkt sind.

Theoretisch ist es möglich, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis bis zu drei Jahre nach der Kündigung einzufordern. Ausnahme: Manche Arbeits- oder Tarifverträge enthalten Ausschlussfristen, die Ansprüchen aus dem Vertrag ein Verfallsdatum geben. Beträgt diese Frist drei Monate, verfällt der Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses drei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Arbeitgeber verweigert Zeugnis - So läuft die Arbeitszeugnis-Klage ab

Bleiben sämtliche Versuche erfolglos, dürfen Arbeitnehmende klagen. So gehen sie dabei vor:

So läuft die Arbeitszeugnisklage ab.

Erfolgt bereits im Gütetermin eine Einigung, zahlt jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten. Kommt es zu einer Verhandlung, fallen zusätzlich dazu Gerichtskosten an. Diese Kosten muss die verlierende Partei tragen.

Fazit: Kein Arbeitszeugnis trotz Aufforderung kann Grund zur Klage sein

Die Situation kennen viele Angestellte: Sie kündigen ihren Job, bitten um einen schriftlichen Nachweis ihrer Tätigkeit, doch der Arbeitgeber schreibt kein Zeugnis. Bringt auch mehrmaliges Nachhaken nichts, sollten Beschäftigte aktiv dagegen vorgehen und eine Zeugnisklage in Betracht ziehen – es geht schließlich um ihre berufliche Zukunft.

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Rechtsanwalt Niklas Gellert

Juristische Prüfung durch Rechtsanwalt Niklas Gellert
Dieser Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der SIEGFRIED-Redaktion erstellt und von Niklas Gellert juristisch geprüft. Gellert ist Rechtsanwalt bei der ProRights Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Das Verbraucherrecht gehört dabei zu seinen Fachgebieten, in denen er Mandanten erfolgreich vertritt.

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