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Abmahnung erhalten? Was Arbeitnehmer wissen sollten

24. März 2022 um 08:51

Die Voraussetzung für ein gutes Betriebsklima ist, dass klare Verhaltensregeln befolgt werden. Wer aus Sicht des Arbeitgebers dagegen verstößt, kann eine Abmahnung erhalten. Aber nicht immer sind Abmahnungen gerechtfertigt. Und Arbeitnehmer müssen sie auch nicht einfach so hinnehmen. Dieser Artikel klärt die wichtigsten Fragen rund um das Thema Abmahnung und informiert Arbeitnehmer über ihre Rechte.

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Das Wichtigste in Kürze
  • Eine Abmahnung ist nur aus bestimmten Gründen zulässig und muss gewisse Formulierungen enthalten, z.B. die Schilderung des konkreten Vergehens.
  • Ob nach der Abmahnung eine Kündigung folgt, hängt vom weiteren Verhalten des Arbeitnehmers ab - eine vorgeschriebene Anzahl an Abmahnungen gibt es nicht.
  • Arbeitnehmer können gegen die Abmahnung außergerichtlich oder gerichtlich vorgehen und eine Gegendarstellung formulieren. Eine erste Einschätzung, ob Ihre Abmahnung überhaupt rechtmäßig ist, kann ein Online-Check im SIEGFRIED CLUB liefern.

Was ist eine Abmahnung?

Eine Abmahnung im Arbeitsrecht ist ein Hinweis des Arbeitgebers auf ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers sowie die Aufforderung, dieses in Zukunft zu unterlassen. In der Abmahnung muss der Arbeitgeber das Fehlverhalten beschreiben, den Arbeitnehmer zur Unterlassung auffordern und deutlich formulieren, dass eine Wiederholung eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge hat. Eine Abmahnung hat also eine Warnfunktion und ist gleichzeitig eine Androhung weiterer Konsequenzen, also der Kündigung. Damit unterscheidet sich die Abmahnung von der Ermahnung im Arbeitsrecht. Diese ist zwar auch eine Rüge des Arbeitgebers und sollte ernst genommen werden, im Wiederholungsfall droht jedoch keine Kündigung.

Zulässige Gründe für eine Abmahnung

Für eine Abmahnung gibt es viele mögliche Gründe. Generell hat der Arbeitgeber das Recht zur Abmahnung, wenn der Arbeitnehmer gegen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag verstößt oder seine Pflichten verletzt. Ob eine Abmahnung jedoch zulässig ist oder nicht, muss meist im Einzelfall, nötigenfalls vor dem Arbeitsgericht, entschieden werden. Dort kommt es dann auch darauf an, ob dem Arbeitnehmer absichtliches Fehlverhalten unterstellt werden kann.

Zulässige Abmahnungsgründe können zum Beispiel sein:

  • Alkoholkonsum am Arbeitsplatz: Dieser kann abgemahnt werden, wenn ein betriebliches Alkoholverbot besteht oder dieses aus Sicherheitsgründen geboten ist - zum Beispiel beim Führen von Maschinen.
  • Diebstahl: Hier kommt es nicht darauf an, was entwendet wird. Jeder noch so kleine Diebstahl kann zu einer Abmahnung führen und auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
  • Mobbing oder Beleidigung: Wer Mitarbeitende, Kollegen, Kunden oder Vorgesetzte mobbt oder beleidigt, kann abgemahnt werden. Achtung: Hierbei kann auch Mobbing oder Beleidigung über soziale Medien abmahnbar sein.
  • Unentschuldigtes Fehlen: Wenn Arbeitnehmer unentschuldigt nicht erscheinen oder sich zu spät oder gar nicht krank melden, kann dies zu einer Abmahnung führen. Dazu kann auch eine fehlende Krankmeldung gehören.
  • “Krank machen”: Wer eine Arbeitsunfähigkeit vortäuscht, riskiert eine Abmahnung.
  • Unpünktlichkeit: Eine zulässige Abmahnung wegen “zu spät kommen” auszusprechen, ist schwierig. Nur bei erheblicher und regelmäßiger Verspätung kann eine Abmahnung rechtmäßig sein.
  • Geringe oder schlechte Arbeitsleistung: Eine Abmahnung wegen Schlechtleistung oder geringer Performance kann schwer belegt werden. Nur wenn der Arbeitgeber im Vergleich zu den Kollegen deutlich weniger leistet, kann eine Abmahnung erfolgen. Was “deutlich weniger” ist, muss im Zweifelsfall das Arbeitsgericht entscheiden.
  • Arbeitsverweigerung: Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer verpflichtet, sich an den Arbeitsvertrag zu halten. Er muss daher auch die Aufgaben erledigen, die der Arbeitgeber ihm zuteilt. Es kann jedoch auch sogenannte “unzumutbare Weisungen” geben, die der Arbeitnehmer verweigern darf. Ob eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung zulässig ist, muss daher meist individuell geklärt werden.
  • Unangemeldete Nebentätigkeit: Eine Abmahnung kann zulässig sein, wenn der Arbeitnehmer eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit nicht meldet - beispielsweise wenn er nebenbei für die Konkurrenz arbeitet.
  • Compliance-Verstöße: Ein Verstoß gegen Compliance-Regeln kann abmahnbar sein. Zum Beispiel, wenn der Arbeitnehmer Geschenke von Kunden annimmt.

Eine Abmahnung wegen Krankheit kann der Arbeitgeber jedoch nicht aussprechen - auch wenn der Arbeitnehmer oft krank ist, aber jedes Mal eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt. Weitere Beispiele für eine unzulässige Abmahnung sind die Teilnahme an einem Streik oder die Abmahnung von vermeintlichem Fehlverhalten außerhalb des Betriebes.

Wann ist eine Abmahnung gültig?

Eine Abmahnung ist gültig, wenn sie bestimmte formale Anforderungen erfüllt. Sie ist aber nicht an eine bestimmte Form gebunden. Das heißt, auch eine mündliche Abmahnung ist zulässig, aber unüblich, da sie vor Gericht schwer zu beweisen ist. In den meisten Fällen erfolgt daher eine schriftliche Abmahnung.

Diese Anforderungen muss eine Abmahnung erfüllen

Das muss in einer Abmahnung stehen.
  • Dokumentationsfunktion: Das heißt, der Arbeitgeber muss das Fehlverhalten konkret beschreiben, dazu gehören auch Datum und Uhrzeit. Wird dem Arbeitnehmer eine mehrmalige Pflichtverletzung vorgeworfen, muss jedes Ereignis gesondert aufgeführt werden.
  • Hinweisfunktion: In der Abmahnung muss darauf hingewiesen werden, dass der Arbeitnehmer das Fehlverhalten in Zukunft nicht mehr akzeptieren wird und der Arbeitnehmer es zu unterlassen hat.
  • Warnfunktion: Der Arbeitgeber muss darauf hinweisen, dass dem Arbeitnehmer die Kündigung droht, wenn er sich weiterhin entsprechend verhält. Wenn diese Androhung fehlt, spricht man von einer Ermahnung, nicht von einer Abmahnung.
  • Empfangsbestätigung: Oft wird die Abmahnung persönlich ausgehändigt. In einer schriftlichen Abmahnung sollte dokumentiert sein, dass der Arbeitnehmer die Abmahnung erhalten hat und wann. Wird die Abmahnung per Post verschickt, wird der Arbeitgeber sich den Zugang durch eine Empfangsbestätigung quittieren lassen, da ansonsten der Nachweis schwierig ist.
  • Zeitpunkt der Abmahnung: Eine Abmahnung muss zeitlich im Zusammenhang mit dem Fehlverhalten stehen. Das heißt, der Arbeitgeber kann bis zur Abmahnung nicht unendlich viel Zeit verstreichen lassen, in welcher er das Fehlverhalten akzeptiert. Es gibt diesbezüglich zwar keine gesetzliche Frist, jedoch kann der Arbeitgeber sein Recht zur Abmahnung verwirken, wenn er zu lange wartet.
Abmahnung unterschreiben - ja oder nein?

Wer eine Abmahnung erhält, ist nicht gesetzlich verpflichtet, diese zu unterschreiben. Arbeitnehmer sollten hier aufpassen, ob lediglich der Empfang quittiert werden soll, oder ob die Formulierung so gewählt ist, dass das Fehlverhalten mit der Unterschrift eingestanden wird. Bei Klauseln wie “akzeptiert” oder “bestätigt” sollte man vorsichtig sein. Dass eine Unterlassungserklärung unterschrieben werden soll, ist bei arbeitsrechtlichen Abmahnungen eher unüblich. Es kann aber zum Beispiel bei Beleidigungen vorkommen. Eine Unterlassungserklärung sollte man generell nie ungeprüft unterschreiben, da man damit das Fehlverhalten einräumt und bei Wiederholung eine Geldstrafe zahlen muss.

Wer darf eine Abmahnung gegenüber dem Arbeitnehmer aussprechen?

Eine Abmahnung im Arbeitsrecht darf jede Person aussprechen, die gegenüber dem Mitarbeitenden weisungsberechtigt ist. Also zum Beispiel auch die Fachbereichsleitung, Teamleitung oder Schichtleitung.

Chef mahnt Mitarbeiter vor Laptop ab.

Abmahnung durch Arbeitgeber: Welche Fristen gelten?

Gesetzlich festgelegte Fristen gibt es für Abmahnungen nicht. Abmahnungen können auch noch Wochen oder Monate nach dem Vorfall ausgesprochen werden. Jedoch kann eine zeitlich sehr verzögerte Abmahnung dazu führen, dass diese unwirksam wird. Meistens werden Abmahnungen aber unmittelbar nach dem unerwünschten Verhalten ausgesprochen.

Auch eine Verjährungsfrist gibt es bei Abmahnungen nicht. Sie wird in die Personalakte des Mitarbeitenden eingetragen und bleibt dort im Zweifel bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Jedoch können Betroffene auch einen Antrag auf Löschung der Abmahnung aus den Personalunterlagen stellen. Wann dies erfolgen kann bzw. ob der Antrag erfolgreich ist, kommt auf den Einzelfall an. Wurde seit der Abmahnung kein Fehlverhalten mehr festgestellt, kann in der Regel eine Löschung nach ein bis zwei Jahren erfolgen.

Wie können Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung vorgehen

Arbeitnehmer müssen eine Abmahnung nicht einfach so hinnehmen. Es gibt einige Möglichkeiten, wie sie gegen eine Abmahnung vorgehen können:

  1. Mit dem Arbeitgeber sprechen: Ein Gespräch mit dem Arbeitgeber ist die erste Möglichkeit für alle, die eine Abmahnung erhalten haben. Bestenfalls kann dadurch schon eine Lösung gefunden werden. Bei einer Abmahnung kann auch der Betriebsrat hinzugezogen werden, der vielleicht vermitteln kann. Der Abmahnung zustimmen muss der Betriebsrat allerdings nicht.
  2. Gegendarstellung bei Abmahnung verlangen: Arbeitnehmer haben bei einer Abmahnung ein Recht auf das Verfassen einer Gegendarstellung. In dieser können sie ihre Sichtweise schildern und verlangen, dass diese in die Personalakte aufgenommen wird. Die Gegendarstellung sollte so ausführlich wie möglich sein und gegebenenfalls auch Zeugenaussagen enthalten. Sollte es zu einem Prozess vor dem Arbeitsgericht kommen, kann eine umfassende Gegendarstellung nützlich sein.
  3. Klage gegen die Abmahnung: Das letzte Mittel, um gegen eine Abmahnung vorzugehen, ist die Klage vor dem Arbeitsgericht. Solche Verfahren enden oft mit einem Vergleich, zum Beispiel dahingehend, dass die Abmahnung zwar akzeptiert wird, aber nach einiger Zeit aus der Personalakte gelöscht wird. Bevor Betroffene Klage einreichen, sollten Sie sich auf jeden Fall von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen und außerdem bedenken, dass das Arbeitsverhältnis dann vielleicht nicht mehr zu retten ist.
  4. Kündigungsschutzklage: Folgt nach der Abmahnung die Kündigung, kann der Arbeitnehmer dagegen auch mit einer Kündigungsschutzklage vorgehen. Dann wird im Gerichtsverfahren geklärt, ob der Kündigungsgrund und damit die Kündigung gerechtfertigt sind.

Folgen einer Abmahnung: Wann folgt die Kündigung?

Ob eine Kündigung nach der Abmahnung erfolgen kann, hängt vom weiteren Verhalten des Arbeitnehmers ab. Wenn der Arbeitnehmer das abgemahnte Fehlverhalten weiterhin zeigt, kann ihm verhaltensbedingt gekündigt werden.

Chef stempelt eine Abmahnung ab.

Wie viele Abmahnungen erfolgen müssen, bis es zu einer Kündigung kommt, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben und hängt vom Einzelfall ab. Dabei kommt es auch darauf an, wie schwer das Vergehen war. Die verbreitete Annahme, dass drei Abmahnungen vor der Kündigung erfolgen müssen, ist falsch.

Es gilt aber: Ein Arbeitnehmer darf nicht wegen derselben Sache gekündigt werden, für die er abgemahnt wurde. Erst wenn er das Fehlverhalten zu einem anderen Zeitpunkt wiederholt, kann er gekündigt werden. Außerdem muss der Grund für die Abmahnung und die Kündigung gleich gelagert sein. Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer wird abgemahnt, weil er Alkohol am Arbeitsplatz getrunken hat. Ein paar Wochen später fällt er auf, weil er eine Kollegin beleidigt. Dann kann der Arbeitgeber wegen der Beleidigung nicht kündigen. Er muss diese erst gesondert abmahnen.

Fazit: Abmahnungen müssen nicht einfach akzeptiert werden

Abmahnungen sind nicht immer rechtmäßig und nicht jedes Verhalten, das dem Arbeitgeber widerstrebt, ist gleich ein Abmahnungsgrund. Wer mit einer ungerechtfertigten Abmahnung konfrontiert ist, sollte dagegen vorgehen. Auch eine juristische Beratung ist sinnvoll, um die eigenen Chancen besser einschätzen zu können.

Sie haben eine Abmahnung erhalten? Dann nutzen Sie einfach den Online-Check im SIEGFRIED CLUB. Sie erhalten eine direkte Einschätzung zu Ihrem Fall und können danach entscheiden, was Sie unternehmen.

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