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Mietminderung bei Lärm

Mietminderung bei Lärm: Voraussetzungen und Vorgehen

11. August 2022 um 09:28

Wer Wand an Wand mit heimwerkenden, musizierenden oder lauten Nachbarn wohnt, braucht ein starkes Nervenkostüm. Wird der Lärm zur Dauerbelastung, haben Mieter unter Umständen das Recht auf Mietminderung: denn Lärm stellt in vielen Fällen einen Mietmangel dar. Dieser Artikel fasst die Voraussetzungen für eine Mietminderung bei Lärm zusammen und zeigt, was zu beachten ist.

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Das Wichtigste in Kürze
  • Laut § 536 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) besteht ein Recht auf Mietminderung, wenn die Wohnung aufgrund von Lärm nicht mehr vertragsgemäß nutzbar ist.
  • Wie viel Mietminderung bei Lärm durchsetzbar ist, hängt von der Art, der Dauer und der Intensität der Ruhestörung ab.
  • Bevor Mietende ihre Miete mindern, müssen sie die Mietminderung schriftlich ankündigen.
  • Wie die Chancen auf die Durchsetzung einer Mietminderung wegen Lärm stehen, kann durch einen Online-Check im SIEGFRIED CLUB geprüft werden.

Wann ist eine Mietminderung wegen Lärm möglich?

Wer schon einmal in einer hellhörigen Mietwohnung gelebt hat, weiß: Die Quellen für unerwünschte Geräusche und Lärm sind vielfältig. Ruhestörungen haben also ganz verschiedene Ursachen, zum Beispiel:

  • Lärm durch bellende Hunde oder laute Vögel
  • Klopfgeräusche von defekten Heizkörpern
  • regelmäßiger Partylärm aus der Nachbarschaft
  • Lärm von Bauarbeiten im oder am Haus
  • Lärm durch den Verkehr
  • Lärm durch tobende Kinder
  • Lärm, der durch Gartenarbeiten verursacht wird
  • musizierende Personen in der Nachbarschaft

Wenn die Ruhestörung in den eigenen vier Wänden unerträgliche Ausmaße annimmt, dürfen Mieterinnen und Mieter die monatlichen Zahlungen für ihre Wohnung anteilig oder sogar komplett kürzen. 

Doch ab wann liegt eine Ruhestörung vor und welcher Lärm rechtfertigt eine Mietminderung?

Voraussetzung für Mietminderung: Wie viel Lärm muss ich vom Nachbarn ertragen?

In Mehrfamilienhäusern leben verschiedene Menschen mit unterschiedlichem Lärmempfinden. Was den einen stört, überhört die andere mühelos. Wann tatsächlich eine Ruhestörung vorliegt, ist deshalb pauschal nicht zu beantworten. 

Für ein friedliches Zusammenleben gibt es jedoch einige Regeln, an die sich alle Bewohnenden halten sollten:

  • Ruhezeiten laut Mietvertrag oder Hausordnung: In der Regel herrscht zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr Nachtruhe und von 13:00 Uhr bis 15:00 Uhr Mittagsruhe.
  • An Sonn- und Feiertagen sollte Lärm rund um die Uhr vermieden werden.
  • Während der Ruhezeiten sind potenziell Lärm verursachende Tätigkeiten so auszuführen, dass sie auf Zimmerlautstärke reduziert sind.

Ignorieren andere Mieterinnen oder Mieter diese Vorgaben regelmäßig, ist von Ruhestörung auszugehen. Genaue Grenzwerte für den Lärm, die dabei überschritten werden müssen, gibt es nicht. Als Richtwerte gelten allgemein 40 Dezibel am Tag und 30 Dezibel in der Nacht.

Allerdings kommt es immer auch auf die Umstände an. So kann der Geduldsfaden lärmbelästigter Menschen in einem hellhörigen Haus zurecht schon wesentlich schneller reißen.

Was rechtfertigt keine Mietminderung wegen Lärm?

Neben Ruhezeiten und der Lautstärke des Nachbarschaftslärms ist für die Rechtfertigung einer Mietminderung auch die Frage nach der Lärmursache entscheidend. In einigen Fällen hat eine Mietminderung wegen Lärm der Nachbarn vor Gericht keinen Bestand, zum Beispiel in folgenden Situationen:

  • Kinderlärm stellt keinen Mietmangel dar und rechtfertigt deshalb keine Mietminderung – das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Az. VIII ZR 197/14). Denn Lärm durch Spielen, Toben und Schreien ist Teil der kindlichen Entwicklung. Sind die Kinder allerdings schon älter und andauernd laut, müssen die Eltern für Ruhe sorgen, ansonsten sieht selbst der BGH den Kinderlärm als Ruhestörung an (Az. VIII ZR 226/16).
  • Musizieren kann in einem Mietshaus nicht verboten werden – auch wenn die Instrumente die Zimmerlautstärke übersteigen. Allerdings dürfen Musizierende nur maximal drei Stunden am Tag üben.
  • Verkehrslärm rechtfertigt keine Mietminderung, wenn schon vor dem Einzug absehbar war, dass er auftreten kann. Das ist zum Beispiel bei Wohnungen der Fall, die direkt an einer Hauptverkehrsstraße liegen.

Mietminderung: Baulärm als Grund gerechtfertigt?

Presslufthammer und Bagger verursachen viel Lärm. Dringt dieser bis in die eigenen vier Wände, liegt damit ein nachvollziehbarer Grund für eine Mietminderung wegen Baulärm vor – auch wenn der Vermieter oder die Vermieterin den Lärm nicht verursachen.

Vorübergehend ausgeschlossen ist eine Mietminderung bei Baulärm, dessen Ursache die energetische Sanierung des Mietshauses ist. In diesem Fall müssen die Bewohnenden den baubedingten Lärm für bis zu drei Monate hinnehmen. Erst darüber hinaus dürfen sie eine Mietminderung ankündigen.

Im kostenlosen SIEGFRIED CLUB können Sie jetzt Ihren individuellen Fall prüfen.

Höhe der Mietminderung bei Lärm: Tabelle

Wie hoch eine Mietminderung bei Lärm in der Wohnung ausfallen darf, hängt vom Einzelfall und von den Umständen ab. So ist beispielsweise ausschlaggebend, wie lange der Lärm anhält, wie intensiv der Lärm ist und ob nur einzelne Räume betroffen sind oder die ganze Wohnung.

Die folgende Tabelle ist nur als Orientierung anzusehen und listet auf, welche Mietminderungsquoten die Gerichte bei welchem Lärm gewährt haben.

Art der Störung
Höhe der Mietminderung
Gerichtsurteil

Lärm durch laute Musik aus der Nachbarswohnung

Höhe der Mietminderung

50%

Gerichtsurteil

Amtsgericht Braunschweig, Az. 113 C 168/89(9)

Lärm durch nistende Tauben

Höhe der Mietminderung

30%

Gerichtsurteil

Amtsgericht Pforzheim, Az. 2 C 160/98

Lärm von einem Marder im Dachstuhl

Höhe der Mietminderung

24%

Gerichtsurteil

Amtsgericht Hamburg, Az. 815 C 238/02

Lärm durch den Bau eines Einkaufszentrums

Höhe der Mietminderung

20%

Gerichtsurteil

Landgericht Hamburg, Az. 327 S 97/98

Lärm durch ständiges Streiten, Schreien, Poltern, Trampeln und Türknallen

Höhe der Mietminderung

10%

Gerichtsurteil

Landgericht Berlin, Az. 63 S 236/14

Lärm durch die Lüftungsanlage einer Shisha-Lounge

Höhe der Mietminderung

10%

Gerichtsurteil

Landgericht Berlin, Az. 63 S 223/15

Lärm von lautstark Fußball spielenden Jugendliche

Höhe der Mietminderung

5%

Gerichtsurteil

Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 33 C 1726/04 - 13

Bei Lärmbelästigung Mietminderung? So sollten Mieter vorgehen

Eine Mietminderung bei Lärm kommt immer dann infrage, wenn ein Mietmangel vorliegt. Das bedeutet: Die Wohnung befindet sich nicht mehr in ihrem ursprünglichen, vertragsgemäßen Zustand.

Mann hält Schlagbohrer in der Hand und erzeugt Baulärm in der Wohnung.

Doch so groß die Beeinträchtigungen auch sein mögen, eine Mietminderung im Affekt ist nicht möglich. Der Vermieter oder die Vermieterin muss genug Zeit haben, den Mangel zu beseitigen.

Ablauf bei Mietminderung: Ruhestörung protokollieren und melden

Sind die Menschen im Umfeld viel zu laut, ist es immer ratsam, das Gespräch zu suchen. Zeigen diese sich uneinsichtig und unterlassen den Lärm dennoch nicht, sollten Betroffene die akustischen Störungen protokollieren und zusätzlich durch Bekannte bezeugen zu lassen. 

Im Lärmprotokoll können unter anderem folgende Punkte festgehalten werden:

  • Ruhezeiten laut Mietvertrag
  • Art der Lärmbelästigung
  • Verursachende des Lärms
  • Uhrzeiten, zu denen der Lärm auftritt 
  • Dauer und Häufigkeit des Lärms 
  • Art der Beeinträchtigung durch den Lärm
  • Beschreibung der Geräusche
  • Einschätzung der Lautstärke: Wie gut ist der Lärm zu hören?

Mit dieser Dokumentation haben Betroffene eine gute Argumentationsgrundlage, um den Lärm beim Vermieter oder der Vermieterin zu melden und eine Mietminderung bei Lärm durchzusetzen. Vor Gericht ist das Lärmprotokoll nicht zwingend notwendig, es unterstützt jedoch die Aussagen von Betroffenen.

Welche Fristen und Formalitäten gelten bei einer Mängelanzeige?

Eine Mietminderung bei Lärm lässt sich nur durchsetzen, wenn der Vermietervorab informiert und zur Behebung des Mangels aufgefordert wurde. Diese sogenannte Mängelanzeige sollte umgehend nach Auftreten der Lärmbelästigung und schriftlich erfolgen.

In der Mängelanzeige können Betroffene ankündigen, dass sie die Miete mindern, sofern innerhalb einer vom Mietenden festgesetzten Frist nichts gegen die Lärmbelästigung unternommen wird. Welche Frist angemessen ist, hängt von der Art und Schwere ab, mit der der Lärm auftritt, und liegt deshalb im Ermessen der Betroffenen. 

Die Miete sollte ab dem Zeitpunkt der Mängelanzeige nur noch unter Vorbehalt gezahlt werden. Auch diese Information sollte im Schreiben an den Vermieter oder die Vermieterin enthalten sein. Dadurch ist es später möglich, eine Mietminderung rückwirkend geltend zu machen.

Was können Vermieter gegen lärmende Mieter tun?

  • Wenn Vermieter über Lärm im Mietshaus informiert wurden, treten sie in der Regel schriftlich mit den Störenfrieden in Verbindung und fordern sie dazu auf, den Lärm zu unterlassen. Bleibt die Aufforderung ohne Erfolg, folgt eine Abmahnung. 
  • Sollte auch nach dieser Maßnahme keine Ruhe im Haus einkehren, dürfen  Vermieter eine Kündigung wegen Lärmbelästigung aussprechen und im letzten Schritt eine Räumungsklage durchsetzen.
  • Zeigt eine der Maßnahmen Wirkung, sind die Betroffenen darüber zu informieren und müssen die Miete wieder in gewohnter Höhe entrichten. Passiert dagegen nichts, ist eine Mietminderung bis auf weiteres gerechtfertigt.

Fazit zur Mietminderung bei Lärm

Wer von Lärm aus den Nachbarwohnungen oder der Umgebung betroffen ist, leidet oft sehr darunter. Da die Wohnung durch den Lärm mängelbehaftet ist, haben Betroffene das Recht, entsprechend dem gesunkenen Wohnungswert auch den Wert der Miete zu senken.

Mann versucht zu schlafen und hält sich die Ohren wegen lärmenden Nachbarn zu.

Allerdings gibt es dabei viele Fallstricke zu beachten. Wer die Mietminderung bei Lärm zu hoch ansetzt oder unberechtigt weniger Miete zahlt, verliert im schlimmsten Fall seine Mietwohnung. Beim Thema Mietminderung und Lärmbelästigung gibt es kaum verbindliche Vorgaben, dafür aber viele Richtwerte. Um die Miete angemessen zu mindern, sollten Mietende deshalb von Anfang an auf die Expertise von Mietprofis vertrauen.

Ob die Aussicht auf eine Mietminderung bei Lärm besteht und welche Schritte einzuleiten sind, können Betroffene schnell und unverbindlich im Rahmen einer kostenlosen Mitgliedschaft im SIEGFRIED CLUB klären.

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