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Eigenbedarfskündigung

Eigenbedarfskündigung: Diese Rechte haben Sie als Mieter

Rechtsanwältin Vanessa Glaser

geprüft von Vanessa Glaser
Rechtsanwältin für Zivilrecht

11. August 2022 um 08:11

Wenn der Vermieter wegen Eigenbedarf kündigt, ist das für viele Mieter ein Schock. Aber nicht jede Eigenbedarfskündigung ist rechtmäßig. Hält der Vermieter sich nicht an die Regeln, können Mieter gegen die Kündigung vorgehen. Welche Gründe es für eine Eigenbedarfskündigung gibt und wie Mieter sich wehren können, erfahren Sie in diesem Artikel.

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Das Wichtigste in Kürze
  • Eine Eigenbedarfskündigung darf der Vermieter aussprechen, wenn er, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts die Wohnung aus nachvollziehbaren Gründen benötigen.
  • Unzulässig ist die Eigenbedarfskündigung, wenn der Vermieter sein berechtigtes Interesse nicht nachweisen kann. 
  • Mieter können einer Eigenbedarfskündigung bis zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist widersprechen. 
  • Ist die Eigenbedarfskündigung rechtmäßig? Im SIEGFREID CLUB erhalten Sie eine Ersteinschätzung über unseren Online-Check.

Was ist eine Eigenbedarfskündigung?

Eine Eigenbedarfskündigung ist eine Kündigung der Mietwohnung, die der Vermieter aufgrund von Eigenbedarf ausspricht. Eigenbedarf heißt, dass der Vermieter seine Wohnung entweder für sich selbst oder für sogenannte Bedarfspersonen benötigt. Die rechtliche Grundlage für die Eigenbedarfskündigung findet sich in § 573 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Demnach kann ein Vermieter ein Mietverhältnis nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse hat. Ein berechtigtes Interesse liegt unter anderem gemäß Abs. 2 Nr. 2 vor, wenn “der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt.”

Anerkannte Bedarfspersonen für eine Eigenbedarfskündigung

Der Vermieter darf nur für sich selbst, Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts Eigenbedarf anmelden. Als Familienangehörige gelten nahe Verwandte wie:

  • Kinder 
  • Eltern
  • Großeltern
  • Enkel
  • Geschwister
  • Nichten und Neffen 
  • Stiefkinder und -enkel

Darüber hinaus auch diese Personen außerhalb der Verwandtschaft: 

  • Ehepartner und eingetragene Lebenspartner 
  • Schwiegereltern 
  • Haushaltshilfen, Au-Pairs und Pflegepersonal 

Für die hier aufgeführten Personengruppen muss ggf. ein gesonderter Nachweis für die erforderliche Nähebeziehung erbracht werden. Ist die erbracht und anerkannt, ist dieses Erfordernis gegeben. Dies gilt für folgende Personengruppen:

  • Tanten und Onkel
  • Geschwister des Ehepartners
  • Cousins und Cousinen
  • Stiefenkel

Jedoch kann laut Bundesgerichtshof (BGH) in Ausnahmefällen eine Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter zulässig sein, wenn dieser zu entfernten Verwandten ein besonders enges Verhältnis hat (Urteil vom 03.03.2009, Az: VIII ZR 247/08). Dieses besondere Verhältnis muss der Vermieter im Zweifelsfall nachweisen können. Benötigt er die Wohnung für Verwandte, zu denen kaum Kontakt besteht, oder diese brauchen die Wohnung nur als Übergangslösung, ist dies kein Grund für eine Kündigung aus Eigenbedarf.

Wann ist eine Eigenbedarfskündigung zulässig?

Der Vermieter darf dem Mieter wegen Eigenbedarf kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse hat, das Mietverhältnis zu beenden. Ein berechtigtes Interesse besteht, wenn er die Wohnung für sich selbst, nahe Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Hierfür muss es einen tatsächlichen Grund geben. Allein der Wunsch, in der Wohnung zu wohnen, reicht nicht aus. Diese Gründe rechtfertigen zum Beispiel die Wohnungskündigung wegen Eigenbedarf:

  • Der Vermieter oder eine Bedarfsperson benötigt die Wohnung als Alterswohnsitz. 
  • Der Vermieter oder eine Bedarfsperson gründet eine Familie und braucht dafür eine größere Wohnung. 
  • Veränderte Lebensumstände führen dazu, dass der Vermieter oder eine Bedarfsperson die Wohnung benötigen, zum Beispiel Scheidung oder Arbeitsplatzwechsel. 
  • Der Vermieter will in die Wohnung ziehen, weil diese näher an seiner Arbeitsstelle liegt.
  • Es werden pflegebedürftige Angehörige aufgenommen, sodass eine größere Wohnung benötigt wird. 
  • Die Tochter des Vermieters beginnt ein Studium oder möchte mit ihrem Freund zusammenziehen.

Auf jeden Fall gilt: Der Vermieter muss nachvollziehbar erklären, warum er die Wohnung benötigt. Es reicht nicht aus, wenn er in der Kündigung lediglich schreibt, dass er in die Wohnung einziehen will. Er muss begründen, warum. Sichern Sie sich Soforthilfe und Unterstützung im Rahmen einer kostenlosen Mitgliedschaft im SIEGFRIED CLUB.

Wann ist eine Eigenbedarfskündigung unzulässig?

Eine Eigenbedarfskündigung ist unzulässig, wenn der Vermieter kein berechtigtes Interesse an der Wohnung nachweisen kann oder wenn er die Wohnung für eine Person benötigt, die nicht zu den Bedarfspersonen gehört. Außerdem kann die Eigenbedarfskündigung aus diesen Gründen unrechtmäßig sein:

  • Der Vermieter beansprucht eine Wohnung, die für seinen Bedarf viel zu groß ist – zum Beispiel, wenn eine Person in eine 5-Zimmer-Wohnung einziehen soll. 
  • Dem Vermieter war schon bei Abschluss des Mietvertrages klar, dass er bald wegen Eigenbedarfs kündigen wird. 
  • Der Eigenbedarf ist nur vorgeschoben, weil der Vermieter den Mieter loswerden möchte. 
  • Es stehen im gleichen Haus mehrere vergleichbare Wohnungen leer, die ebenso im Eigentum des Vermieters stehen und der Vermieter könnte auch in eine andere dieser Wohnungen einziehen. In diesem Fall muss er nachweisen, warum er gerade diese Wohnung benötigt.

Generell muss eine Eigenbedarfskündigung immer einen nachvollziehbaren Grund enthalten sowie bestimmte Formalitäten und Fristen einhalten.

Eigenbedarfskündigung: Muss der Vermieter eine Alternativwohnung anbieten?

Unter bestimmten Umständen ist der Vermieter im Fall einer Eigenbedarfskündigung dazu verpflichtet, dem Mieter eine Alternativwohnung anzubieten.

Paragraph zur Kündigung wegen Eigenbedarf.

Dies gilt, wenn während der laufenden Kündigungsfrist eine vergleichbare Wohnung, die im Eigentum des Vermieters steht, im gleichen Haus oder in der gleichen Wohnanlage frei wird – oder es absehbar ist, dass diese kurz nach Ende der Kündigungsfrist frei wird. Kommt der Vermieter dieser Pflicht nicht nach, kann der Mieter Schadensersatz fordern.

Formalitäten und Fristen einer Eigenbedarfskündigung

Das Kündigungsschreiben für die Eigenbedarfskündigung muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit es rechtmäßig ist. Diese Angaben müssen enthalten sein:

  • Absender und Adressat (bei mehreren Mietern muss das Schreiben an alle gerichtet sein und bei mehreren Vermietern müssen alle unterschreiben) 
  • Genaue Bezeichnung der Wohnung
  • Kündigung unter Bezugnahme auf den Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB 
  • Kündigungsfrist 
  • Begründung des Eigenbedarfs und Nennung des Nachmieters (Vermieter oder Bedarfsperson)  
  • Bitte um Herausgabe der Wohnung im vertragsgemäßen Zustand zum genannten Kündigungstermin
  • Hinweis auf das gesetzliche Widerspruchsrecht des Mieters 
  • Unterschrift des Vermieters oder der Vermieter 

Welche Kündigungsfrist für die Wohnung bei Eigenbedarf gilt, hängt davon ab, wie lange das Mietverhältnis schon besteht:

  • Mietverhältnis bis 5 Jahre: 3 Monate
  • Mietverhältnis 5 bis 8 Jahre: 6 Monate 
  • Mietverhältnis mehr als 8 Jahre: 9 Monate

Sperrfrist bei Eigentümerwechsel

Wird eine Mietwohnung während der Mietzeit in Wohneigentum umgewandelt und verkauft, gilt für den neuen Eigentümer eine Kündigungssperrfrist. Das heißt, er kann in der Regel frühestens drei Jahre nach dem Kauf eine Eigenbedarfskündigung aussprechen (§ 577 a BGB). In einigen Städten gilt sogar eine Sperrfrist von 10 Jahren. Hier sollten Mieter bei ihrer Stadt oder Gemeinde nachfragen, welche Frist für ihren Wohnsitz gilt. 

Auch wenn die Wohnung an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder an mehrere Personen verkauft wurde, gilt die Sperrfrist von drei Jahren sowie in manchen Gebieten von 10 Jahren.

Widerspruchsrecht als Mieter bei Eigenbedarfskündigung

Wenn Mieter eine Eigenbedarfskündigung erhalten, sollten sie diese genau überprüfen. Dazu sollten sie sich an einen Anwalt wenden. Diese Punkte sollten dabei kontrolliert werden:

  • Wurde das Kündigungsschreiben schriftlich übersandt und von allen Vermietern unterschrieben? 
  • Sind alle Angaben (siehe oben) enthalten? 
  • Wurde die Bedarfsperson genannt und ihr Verhältnis zum Vermieter dargelegt? 
  • Wurde der Eigenbedarf ausreichend und nachvollziehbar begründet? 
  • Hat der Vermieter auf das gesetzliche Widerspruchsrecht hingewiesen? 
  • Hält sich der Vermieter an die Kündigungsfrist?

Gegen die Eigenbedarfskündigung steht Mietern ein Widerspruchsrecht zu, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Die Frist dafür endet zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist. Kündigt der Vermieter zum Beispiel zum 31.10.2022, muss er den Widerspruch spätestens am 31.08.2022 erhalten. 

Legt der Mieter Widerspruch ein, kann der Vermieter die Kündigung entweder zurückziehen, eine gütliche Lösung mit dem Mieter suchen oder eine Räumungsklage einreichen. Dann wird vor Gericht entschieden, ob die Eigenbedarfskündigung rechtmäßig ist. 

Bevor Mieter Widerspruch einlegen, können sie versuchen, mit dem Vermieter zu sprechen und eine Einigung zu finden. Diese kann zum Beispiel beinhalten, dass der Vermieter bei der Suche nach einer neuen Wohnung hilft oder einen Teil der Umzugskosten übernimmt. 

In jedem Fall sollten Mieter eine Eigenbedarfskündigung immer von einem Anwalt überprüfen lassen. Dieser kann ihnen sagen, ob die Kündigung rechtmäßig und welche Vorgehensweise in ihrem Fall am besten ist.

Kündigungsschutz für Mieter: Eigenbedarfskündigung wegen Härtefall widersprechen

Eine Eigenbedarfskündigung kann unzulässig sein, wenn der Mieter einen Härtefall begründen kann. Das heißt, wenn es für den Mieter unzumutbar wäre, aus der Wohnung auszuziehen. Gründe für einen Härtefall können sein:

  • Hohes Alter 
  • Pflegebedürftigkeit 
  • Besonders lange Wohndauer 
  • Krankheit 
  • Drohende Obdachlosigkeit 
  • Schwangerschaft

Der Härtefall gilt jedoch nur, wenn die Interessen des Mieters diejenigen des Vermieters überwiegen. Der Härtefall kann ebenfalls innerhalb der Widerspruchsfrist geltend gemacht werden. Im Streitfall muss ein Gericht entscheiden, welche Interessen mehr ins Gewicht fallen.

Vortäuschung von Eigenbedarf

Kündigt der Vermieter aus Eigenbedarf, muss dieser auch tatsächlich vorliegen. Gibt es keinen nachweislichen Grund dafür, gilt der Eigenbedarf als vorgetäuscht. Außerdem darf der Vermieter sich auch nicht ewig Zeit lassen, bis er oder die Bedarfsperson in die Wohnung einzieht. Eine konkrete Frist gibt es hierbei aber nicht. Er darf zum Beispiel die Wohnung zuerst sanieren, bevor er sie nutzt. 

Auch eine sogenannte Vorratskündigung ist nicht erlaubt. Dabei handelt es sich um eine Kündigung, die darin begründet ist, dass irgendwann einmal Eigenbedarf entstehen könnte. 

Wer den Verdacht hegt, dass der Vermieter die Eigenbedarfskündigung nur vorgetäuscht hat, muss dies beweisen. Fand wirklich eine Täuschung statt, kann der Mieter Schadensersatz geltend machen. Zum Beispiel kann der Vermieter dann verpflichtet werden, die Kosten des Umzugs oder die Differenz zu einer eventuell nun höheren Miete zu bezahlen. Außerdem kann der Mieter verlangen, dass er wieder in die Wohnung einziehen kann, sofern dies möglich ist.

Darüber hinaus kann sich der Vermieter auch wegen Betrugs strafbar machen, wenn er Eigenbedarf vortäuscht.

Kündigung wegen Eigenbedarf – wie lange muss man darin wohnen?

Eine Vortäuschung kann auch vermutet werden, wenn der Vermieter nach kurzer Zeit wieder aus der Wohnung auszieht und diese dann anderweitig vermietet. Zwar gibt es keine Vorgabe, wie lange der Vermieter oder die Bedarfsperson in der Wohnung wohnen muss. Ein sehr kurzer Zeitraum kann jedoch auf eine Täuschung hindeuten. Aber auch hier gilt: Der Mieter muss dies beweisen. Kann der Vermieter wiederum glaubhaft begründen, warum er so schnell wieder ausgezogen ist, zum Beispiel wegen eines unvorhergesehenen Arbeitsplatzwechsels, liegt keine Täuschung vor.

Gegen Eigenbedarfskündigung vorgehen – lohnt sich das?

Wer eine Eigenbedarfskündigung erhält, sollte diese immer von einem Anwalt überprüfen lassen. Dieser kann beurteilen, ob eine solche rechtmäßig ist oder ein Widerspruch Aussicht auf Erfolg hat.

verzweifelte Frau hält Kündigung wegen Eigenbedarf in der Hand.

Ein sofortiger Widerspruch kann sich lohnen, wenn man als Mieter einen Härtefall eindeutig belegen kann.

Fazit: Eigenbedarfskündigung überprüfen lassen

Wer als Mieter eine Eigenbedarfskündigung erhält, sollte diese zunächst in Ruhe prüfen lassen. Es gibt einige Gründe, weswegen eine solche Kündigung unzulässig sein kann. Ein Anwalt kennt diese und weiß, welche Vorgehensweise erfolgsversprechend ist. In jedem Fall sollten Mieter nicht voreilig handeln und die Eigenbedarfskündigung einfach akzeptieren oder auf eigene Faust Widerspruch einlegen. 

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Rechtsanwältin Vanessa Glaser

Juristische Prüfung durch Rechtsanwältin Vanessa Glaser
Dieser Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der SIEGFRIED-Redaktion erstellt und von Vanessa Glaser juristisch geprüft. Glaser ist Rechtsanwältin bei der Milberg Coleman Bryson Phillips Grossman, PLLC. Das Zivilrecht gehört dabei zu ihren Fachgebieten, in denen sie ihreMandanten erfolgreich vertritt.

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