Wird bei einer Eheschließung kein Ehevertrag abgeschlossen, gilt automatisch der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das heißt, dass im Fall der Scheidung das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen gerecht aufgeteilt werden muss. Dieser Artikel gibt einen Überblick zu allen relevanten Fakten rund um den Zugewinnausgleich, worauf Sie dabei achten müssen und wie der Zugewinn berechnet wird.
- Bei der Zugewinngemeinschaft bleiben die Eheleute Eigentümer ihres jeweiligen Vermögens.
- Bei der Scheidung wird der Vermögenszugewinn gerecht aufgeteilt.
- Der Zugewinnausgleich muss gesondert beim Familiengericht beantragt werden.
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Was ist eine Zugewinngemeinschaft?
Wenn zwei Partner heiraten, stellt sich auch die Frage nach dem Güterstand, also welche Auswirkungen die Eheschließung auf ihr jeweiliges Vermögen und ihre vermögensrechtliche Beziehung zueinander hat.
Grundsätzlich können Eheleute zwischen dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 ff BGB) und einem vertraglichen Güterstand, also Gütertrennung (§ 1414 BGB) oder Gütergemeinschaft (§ 1415ff BGB) wählen.
Gütertrennung muss ausdrücklich in einem Ehevertrag vereinbart werden, Gütergemeinschaft wiederum entsteht insbesondere dann, wenn beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinnausgleich vertraglich ausgeschlossen wird.
Schließen die Eheleute keinen Ehevertrag, leben sie automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
Zugewinngemeinschaft hat drei wesentliche Aspekte:
- Vermögenstrennung: Die Eheschließung ändert nichts an den Vermögensverhältnissen: Das Vermögen, das die Partner jeweils in die Ehe eingebracht haben, gehört ihnen auch weiterhin.
- Keine Übernahme von Schulden: Wichtiger Effekt der Zugewinngemeinschaft: Bringt der Partner Schulden in die Ehe ein, haftet der andere Ehegatte NICHT dafür.
- Vermögenserwerb in der Ehe: Nur das, was die Eheleute während aufrechter Ehe gemeinsam erwerben, geht auch in ihr gemeinsames Vermögen über.
Was von einem der Eheleute erworben oder geerbt wurde, ist sein alleiniges Eigentum. Die Zugewinngemeinschaft endet durch Scheidung oder den Tod einer der Eheleute. In diesen Fällen findet ein Zugewinnausgleich statt: jeder der Eheleute hat Anspruch auf die Hälfte des während der Ehe erwirtschaftete Vermögen.
Ist eine Zugewinngemeinschaft sinnvoll?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten und hängt von den Interessen der Eheleute ab. Für folgende Fälle erscheint die Zugewinngemeinschaft sinnvoll:
- wenn beide Ehegatten über das gemeinsam erworbene Vermögen unabhängig verfügen wollen
- wenn die Ehegatten jeweils nur für eigene Schulden haften sollen
- wenn Ehepaare über ein ungefähr gleich großes Vermögen verfügen
- wenn ein Ausgleich für die Einkommensverluste in der Zeit der Kinderbetreuung erfolgen soll
Darüber hinaus ist der Zugewinnausgleich bei Scheidung oder Tod eines Ehegatten steuerfrei. Hingegen erscheint die Zugewinngemeinschaft nicht sinnvoll, wenn ein Partner ein wesentlich höheres Vermögen in die Ehe einbringt. In diesem Fall kann Gütertrennung die bessere Option sein.
Kann man eine Zugewinngemeinschaft auflösen oder ändern?
Grundsätzlich endet eine Zugewinngemeinschaft durch
- Tod eines Ehegatten
- Scheidung
- Abschluss eines notariell beurkundeten Ehevertrags
Die Änderung eine Zugewinngemeinschaft ist ausschließlich durch notariell beurkundeten Ehevertrag möglich.
Was ist ein Zugewinnausgleich?
Eheleute leben in einer Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht in einem Ehevertrag anderes vereinbart haben. Das bedeutet, dass bei einer Scheidung das während der Ehe aufgebaute Vermögen gerecht aufgeteilt wird. Jeder der Eheleute soll dann die Hälfte dessen bekommen, was während aufrechter Ehe an Vermögen hinzugekommen ist.
Modifizierter Zugewinnausgleich: Eine modifizierte Zugewinngemeinschaft bedeutet, dass im Rahmen eines Ehevertrags die Zugewinngemeinschaft teilweise abgeändert wird. Dies kann auch an Bedingungen, wie die Kinderklausel gebunden sein.
Der modifizierte Zugewinnausgleich kann auch an Bedingungen geknüpft werden. So kann mit einer sogenannten „Kinderklausel“ im Ehevertrag vereinbart werden, dass die Zugewinngemeinschaft erst mit der Geburt eines Kindes beginnen soll. Da die Geburt eines Kindes für einen Ehepartner Nachteile für Karriere und Vermögensaufbau bringen kann, soll dies durch den Zugewinnausgleich kompensiert werden.
Wann wird der Zugewinnausgleich fällig?

Der Anspruch auf Zugewinnausgleich wird mit der Beendigung des Güterstands fällig, also entweder mit dem Tod eines Ehegatten oder bei Scheidung.
Zugewinnausgleich bei der Scheidung
Bei der Scheidung hat der Ehepartner, der weniger Vermögen erworben hat, seinen Anspruch auf Zugewinnausgleich geltend zu machen. Dies ist grundsätzlich bis zu 3 Jahre nach Rechtskraft der Scheidung möglich.
Vorzeitiger Zugewinnausgleich
Unter bestimmten Voraussetzungen können getrennt lebende Ehepartner nach § 1385 BGB bereits vor der Scheidung einen vorzeitigen Zugewinnausgleich verlangen:
- wenn die Eheleute seit mindestens 3 Jahren getrennt leben,
- wenn zu befürchten ist, dass der Ehepartner den Zugewinnausgleich gefährdet, etwa durch Schenkungen oder Verschwendung,
- wenn der Ehegatte eheliche wirtschaftliche Verpflichtungen über längere Zeit nicht erfüllt hat und sie wohl auch in Zukunft nicht erfüllen wird,
- wenn der Ehegatte Auskunft über sein Vermögen verweigert.
Wann hat man keinen Anspruch?
Ein Zugewinnausgleich findet nicht statt, wenn
- die Eheleute weder bei der Heirat noch bei der Scheidung über Vermögen verfügen,
- beide Eheleute Zugewinn in gleicher Höhe erwirtschaftet haben,
- kein Antrag auf Zugewinnausgleich gestellt wurde,
- in einem Ehevertrag Gütertrennung vereinbart wurde,
- der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt ist.
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Berechnung des Zugewinnausgleichs
Für jeden Ehegatten wird das Vermögen zu Beginn der Ehe („Anfangsvermögen“) vom „Endvermögen“, also dem Vermögensstand am Tag der Zustellung der Scheidung (§ 1384 BGB), abgezogen. Wurden während der Ehe Schulden zurückgezahlt, so wird auch dies berücksichtigt. Man erhält so jeweils den Vermögenszuwachs für jeden der beiden Ehegatten. Der kleinere Vermögenszuwachs wird vom größeren abgezogen und durch zwei geteilt. Das Ergebnis ist jener Zugewinnausgleich, der dem weniger vermögenden Ehegatten gezahlt werden muss.
Ein Beispiel:
Beide Ehegatten hatten bei der Heirat weder Vermögen noch Schulden. Zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags betrug das Vermögen des Mannes 100.000 Euro, das der Frau 10.000 Euro.
Anfangsvermögen (§ 1374 BGB)
€ 0,00
€ 0,00
Endvermögen (§ 1375 BGB)
€ 100.000
€ 10.000
Zugewinn (§ 1373 BGB)
€ 100.000
€ 10.000
Verögensüberschuss
€ 90.000
Zugewinnausgleich (§ 1278 Abs. 1 BGB)
1/2
€ 45.000
Kaufkraftausgleich: Hat die Ehe bereits länger bestanden, wird die Kaufkraft des Anfangsbestands auf den heutigen Wert hochgerechnet, um Effekte der Inflation auszugleichen.
Was zählt zum Anfangsvermögen?
Zum Anfangsvermögen zählen alle Vermögensbestandteile, die einen wirtschaftlichen Wert darstellen und der Person am Tag der Heirat gehörten (§ 1374 BGB). Dies ist durch geeignete Aufzeichnungen nachzuweisen, etwa Kontoauszüge, Sparbücher oder Depotauszüge. Kann man das Anfangsvermögen nicht nachweisen, so wird ein Vermögensstand von 0,00 Euro angenommen (§ 1377 Abs 3 BGB).
Hatte ein Ehegatte zum Zeitpunkt der Eheschließung Schulden, so werden diese vom Anfangsvermögen abgezogen. Übersteigen die Schulden das Vermögen, so ergibt sich ein negatives Anfangsvermögen.
Erbschaften und Schenkungen werden beim Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt. Sie werden daher dem Anfangsvermögen zugerechnet, selbst wenn sie erst während der Ehe angefallen sind.
Der Wertzuwachs eines Hauses, einer Immobilie oder eines Unternehmens wird beim Zugewinnausgleich berücksichtigt und erhöht damit das Endvermögen.
Nicht zum Anfangsvermögen zählt der eingebrachte Hausrat wie Waschmaschine, Toaster etc.
Was zählt zum Endvermögen?
Zum Endvermögen zählen alle Vermögensbestandteile, die einen wirtschaftlichen Wert darstellen und der Person am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags gehörten. (§ 1375 BGB).
Die Herkunft des Vermögens ist unerheblich, deshalb werden auch folgende Positionen zum Endvermögen hinzugerechnet:
- Schenkungen und Erbschaften
- Lottogewinne
- Schmerzensgeldzahlungen
- Lebensversicherungen, die zur Vermögensbildung abgeschlossen wurden
- Gemeinsames Vermögen der Eheleute (anteilig)
- Verschwendetes Vermögen, dabei ist allerdings die Beweisführung oft schwierig
- Schulden vermindern den Endbestand, es kann sich sogar ein negativer Saldo ergeben.
Grenzen des Zugewinnausgleichs
Der Zahlungsverpflichtete muss den Zugewinn nur bis zur Höhe seines tatsächlich vorhandenen Vermögens leisten. Resultiert der „Vermögenszuwachs“ eines Partners vor allem aus getilgten Schulden, kann der Anspruch auf Zugewinnausgleich sogar gänzlich entfallen.
Beispiel: Der Ehegatte hatte ein Anfangsvermögen (Schulden) von -100.000 € und ein Endvermögen von 10.000 € - der Zugewinn beträgt somit 110.000 €.
Der Zugewinn der Ehegattin beträgt der Einfachheit halber 0 €. Sie hätte daher einen Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 55.000 €. Dieser ist allerdings mit der Höhe des tatsächlich vorhandenen Vermögens beschränkt, sie kann demnach nur 10.000 € fordern.
Zugewinnausgleich beantragen - so geht’s
Der Zugewinn gehört nicht zwingend zum Scheidungsverfahren und muss daher gesondert beim Familiengericht beantragt werden: Ohne Antrag kein Zugewinnausgleich!
Zweckmäßig ist es, wenn die Forderung im Zuge des Scheidungsverfahrens Berücksichtigung findet. Der Antrag auf Zugewinnausgleich sollte daher gleich mit der Scheidung bei Gericht beantragt werden und ist immer in Geld zu beziffern. Für die Berechnung des Zugewinnausgleichs ist eine detaillierte Vermögensaufstellung erforderlich. Die einzelnen Positionen sind zu belegen.
Achtung: Der Anspruch auf Zugewinnausgleich entsteht mit Rechtskraft der Scheidung. Er verjährt nach drei Jahren
Fazit: Zugewinngemeinschaft - gerechte Aufteilung des Vermögenszuwachses im Fall der Scheidung
Das während der Ehe erworbene gemeinsame Vermögen soll gerecht auf die Eheleute aufgeteilt werden, unabhängig davon, was die einzelnen Ehegatten dazu beigetragen haben. Das soll für einen gerechten Ausgleich sorgen, etwa wenn ein Partner wegen der Kindererziehung auf Karriere und Einkommen verzichtet hat. Der Antrag auf Zugewinnausgleich muss neben oder nach der Scheidung gesondert beim Familiengericht gestellt werden und verjährt in drei Jahren.
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