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Sorgerecht bei Scheidung

Sorgerecht bei Scheidung: Was Eltern jetzt wissen müssen

2. Juni 2022 um 07:42

Eine Ehescheidung ist umso schwerer, wenn gemeinsame Kinder im Spiel sind. Denn nicht immer gehen Eltern im Guten auseinander. Oft entwickelt sich die Frage nach der Zukunft der Kinder zum zusätzlichen Konfliktherd. Welche Möglichkeiten es gibt, das Sorgerecht bei Scheidung im Sinne der Kinder zu gestalten und welche gesetzlichen Vorgaben gelten, fasst dieser Artikel zusammen.

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Das Wichtigste in Kürze
  • Bei mehr als jeder zweiten Ehescheidung stellt sich die Frage, wie das Sorgerecht ausgeübt werden soll.
  • Grundsätzlich bleibt ein während der Ehe bestehendes gemeinsames Sorgerecht bei Trennung bestehen.
  • Sind sich Eltern nicht einig darüber, bei wem das Kind leben oder wie das Sorgerecht gestaltet werden soll, hat oft das Familiengericht das letzte Wort.
  • Die Möglichkeiten bezüglich des Sorgerechts, können z.B. über einen Online-Check im SIEGFRIED CLUB geprüft werden. 

Der Regelfall: Gemeinsames Sorgerecht bei Trennung

Die Scheidungsquote in Deutschland lag 2020 bei fast 40 Prozent. Laut Statistischem Bundesamt hatten im gleichen Jahr 50,2 Prozent der geschiedenen Ehepaare minderjährige Kinder. Da die elterliche Fürsorge nicht durch eine Trennung endet, gilt für all diese Paare: Sie teilen sich nach wie vor die Pflege und Erziehung des Kindes.

Gesetzliche Ausgangssituation für geteiltes Sorgerecht

Wenn verheiratete Paare ein Kind bekommen, haben sie automatisch ein gemeinsames Sorgerecht. Trennung oder nicht: Es ist ihre gemeinsame Aufgabe, für den minderjährigen Nachwuchs zu sorgen und im Alltag wichtige Entscheidungen im Interesse ihres Kindes zu treffen. Damit verbundene Rechte und Pflichten sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den Paragraphen 1626 bis 1698 b geregelt.

Demnach haben Eltern verschiedene Pflichten, wie etwa

  • Pflege
  • Beaufsichtigung
  • Erziehung
  • Verwaltung des Kindesvermögen
  • Aufenthaltsbestimmung

Auch nach einer Scheidung bleibt das gemeinsame Sorgerecht weiter bestehen. Man spricht auch von geteiltem Sorgerecht. Der Gesetzgeber will damit erreichen, dass ein Kind die Fürsorge beider Eltern genießt. Auf der anderen Seite räumt er beiden Eltern die gleichen Rechte und Pflichten bei Erziehung und Pflege ihres Kindes ein.

Wichtige Angelegenheiten müssen beide Elternteile gemeinsam entscheiden, etwa die Wahl der Schule. Alltägliche Entscheidungen, die zum Beispiel die Wahl der Kleidung betreffen, darf dagegen das Elternteil allein treffen, bei dem sich das Kind aufhält.

Unabhängig davon, ob ein gemeinsames Sorgerecht besteht oder nicht, hat jedes Elternteil ein Umgangsrecht. Zum Wohl des Kindes darf also beispielsweise auch ein Vater ohne Sorgerecht einen Umgang mit seinem Kind pflegen. Er darf allerdings nicht über wichtige Angelegenheiten des Kindes bestimmen.

Aufenthaltsbestimmungsrecht bei geteiltem Sorgerecht nach Trennung

Das Sorgerecht erstreckt sich auf verschiedene Bereiche. Dazu gehören zum Beispiel das Vermögen des Kindes, aber auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Dieses regelt, wo sich das Kind aufhalten darf. Teilen sich die Eltern das Sorgerecht, haben sie somit auch ein gemeinsames Aufenthaltsbestimmungsrecht. Sie entscheiden dann gemeinsam über längere Aufenthalte ihres Kindes, etwa bei

  • einen mehrmonatigen Schüleraustausch,
  • einem Umzug des Kindes von der Mutter zum Vater oder
  • dem Umzug eines Elternteils an einen anderen Wohnort

Bei einer Verabredung auf dem Spielplatz, einem Konzertbesuch oder einer mehrtägigen Klassenfahrt ist eine gemeinsame Entscheidung dagegen nicht notwendig – sofern dadurch das Kindeswohl nicht in Gefahr ist.

Sonderfall unverheiratete Eltern

Bei unverheirateten Paaren steht zunächst der Mutter das alleinige Sorgerecht zu. Möchte sich der Vater das Sorgerecht mit der Mutter teilen, kann er dazu eine Sorgeerklärung abgeben. Diese Erklärung muss durch einen Notar oder das Jugendamt beurkundet werden.

Veränderte Rechtslage

Bis 2013 war dafür zusätzlich die Zustimmung der Mutter notwendig – sie konnte bis dahin das gemeinsame Sorgerecht verweigern. Heute ist das nur noch möglich, wenn das geteilte Sorgerecht eine Gefährdung für das Wohl des Kindes darstellen würde.

Wenn keine Einigung möglich ist: Alleiniges Sorgerecht nach Scheidung

Gemeinsames Sorgerecht und gemeinsame, einvernehmliche Entscheidungen sind zwar vom Gesetzgeber nach einer Scheidung erwünscht – vielen getrennten Eltern ist es allerdings nicht möglich, sich über die Ausgestaltung des Sorgerechts zu einigen.

Werden die Auseinandersetzungen der Eltern zu einer Belastung für das Kind, kann das Familiengericht einem Elternteil auf Antrag das alleinige Sorgerecht zusprechen. Allerdings müssen dafür beide Eltern einverstanden sein oder es müssen schwerwiegende Gründe vorliegen.

Voraussetzungen für alleiniges Sorgerecht bei Scheidung

Muss das Gericht im Streitfall über das alleinige Sorgerecht entscheiden, kann es einem Antrag nur stattgeben, wenn das Kindeswohl durch das gemeinsame Sorgerecht gefährdet ist. Der Entzug des geteilten Sorgerechts kann unter anderem in folgenden Situationen gerechtfertigt sein:

Streitende Eltern sitzen nach Scheidung beim Anwalt und diskutieren über Sorgerecht für die gemeinsame Tochter. Mutter hält Tochter im Arm.
  • körperliche oder seelische Misshandlung oder Missbrauch des Kindes
  • Gefährdung oder Veruntreuung des Kindesvermögens
  • dauerhafte, unbegründete Verweigerung des Umgangsrechts des anderen Elternteils
  • Vernachlässigung des Kindes, etwa durch mangelhafte Hygiene
  • Alkohol-, Drogen- oder Spielsucht eines Elternteils
  • Verweigerung des Umgangs mit dem anderen Elternteil durch das Kind

Das Elternteil, dem das Sorgerecht entzogen wird, darf nicht mehr über die Entwicklung des Kindes mitentscheiden. Der Sorgerechtsentzug entbindet das Elternteil allerdings nicht von seiner Pflicht, dem Kind Unterhalt zu zahlen. Ebenfalls unberührt vom alleinigen Sorgerecht ist außerdem das Umgangsrecht.

Wie beantragt man das alleinige Sorgerecht bei Scheidung?

Das alleinige Sorgerecht muss schriftlich beim Familiengericht beantragt werden. Entsprechende Formulare sind in der Regel auf der Website des zuständigen Gerichts zu finden. Es können auch einzelne Teile des Sorgerechts auf ein Elternteil übertragen werden, zum Beispiel das Aufenthaltsbestimmungsrecht nach Trennung.

Stimmt das andere Elternteil dem Antrag nicht freiwillig zu, sieht der Prozess wie folgt aus:

  • Zunächst ist eine ausführliche und nachweisbare Begründung des Antrags durch den Antragstellenden erforderlich.
  • Das Familiengericht und das Jugendamt verschaffen sich anschließend einen Eindruck über die Situation – zum Beispiel durch Gespräche, Hausbesuche oder Gutachten.
  • In die Entscheidung des Familiengerichts fließen Punkte ein, etwa die Erziehungseignung der Eltern, die Bindung des Kindes zu den Geschwistern und Verwandten, der Kindeswille, sofern das Kind älter als 14 Jahre ist, und die Frage, wo das Kind bisher gelebt hat.
  • Als letzter Schritt folgt die Entscheidung des Gerichts.

Die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf ein Elternteil darf immer nur das letzte Mittel sein und muss im Interesse des Kindeswohls beschlossen werden.

Achtung:

Stellt sich heraus, dass beide Eltern nicht geeignet sind, sich um ihr Kind zu kümmern, kann in besonderen Härtefällen sogar beiden das Sorgerecht entzogen werden. Dann würde das Jugendamt das Sorgerecht übernehmen oder es beispielsweise an die Großeltern des Kindes übertragen.

Fazit: Viele Optionen für das Sorgerecht bei Scheidung

Für Eltern mit minderjährigen Kindern sind es die wohl größten Streitpunkte bei einer Scheidung: Sorgerecht und Unterhalt strapazieren die Nerven von Paaren, die gerade eine Trennung durchmachen oder frisch geschieden sind.

Trauriges Mädchen mit Kuscheltier im Arm vor über Sorgerecht streitenden Eltern.

Ob Scheidung, Sorgerecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht oder Unterhalt: Die Liste der Dinge, über die Eltern sich nach einer Trennung Gedanken machen müssen, ist lang. Wer sich dabei den Emotionen hingibt und die eigenen Rechte nicht kennt, riskiert Nachteile beim Sorgerecht oder lässt sich Unterhalt entgehen.

Deshalb sollten sich Elternteile, die das Beste für ihre Kinder wollen, anwaltlich beraten lassen. So stellen sie sicher, dass Streitigkeiten mit dem Ex-Partner oder der Ex-Partnerin schnell beigelegt werden und die ohnehin schwierige Trennungsphase nicht zu einer noch größeren Belastung für Trennungskinder wird. Welche Möglichkeiten Sie bezüglich des Sorgerechts bei einer Scheidung haben, prüfen Sie einfach über den Online Check im Rahmen einer kostenlosen Mitgliedschaft im SIEGFRIED CLUB.

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