Scheitert die Ehe, so hat das häufig gravierende finanzielle Auswirkungen - insbesondere für den Partner, der sich um Kinderbetreuung und Haushalt gekümmert hat oder aus anderen Gründen künftig nicht für seinen eigenen Erwerb sorgen kann. Ihm oder ihr steht daher grundsätzlich Ehegattenunterhalt zu. Dieser ist allerdings an strenge gesetzliche Voraussetzungen geknüpft. Worauf es dabei besonders ankommt, lesen Sie in diesem Artikel.
- Es gibt kein „Grundrecht auf Unterhalt“ nach der Scheidung.
- Entscheidendes Element ist die Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten.
- Die Höhe des Unterhalts wird vom Gericht individuell festgesetzt.
- Kindesunterhalt geht Ehegattenunterhalt vor.
- Dem Unterhaltsverpflichteten müssen mindestens € 1280,-- zum Leben bleiben.
- Ob Sie Anspruch auf Ehegattenunterhalt haben, können Sie z.B. über einen Online-Check im SIEGFRIED CLUB prüfen.
Was ist der Ehegattenunterhalt?
Die Ehe ist nicht zuletzt auch eine Wirtschaftsgemeinschaft. Es entstehen daraus familienrechtliche Verpflichtungen, die Ehepartner müssen zum gemeinsamen Erwerb beitragen und sind zum gegenseitigen Unterhalt verpflichtet. Dies gilt nicht nur während aufrechter Ehe, sondern grundsätzlich auch im Fall einer Trennung und unter gewissen Umständen sogar nach der Scheidung.
Dass beide durch Vermögen und Einkommen zum Familienunterhalt beitragen, ist bei aufrechter Ehe selbstverständlich. Diese Unterhaltsverpflichtung muss aber nicht in Geld erfolgen sondern kann auch durch die Führung des Haushalts erfüllt werden. Diese Verpflichtung, einen Beitrag zum Familienunterhalt zu leisten, erlischt mit der Trennung. Reicht das Einkommen des bedürftigeren Partners allerdings nicht aus, kann er ab diesem Zeitpunkt eventuell Trennungsunterhalt fordern. Der besser verdienende Partner muss dann bis zur rechtskräftigen Scheidung häufig Trennungsunterhalt leisten.
Nach der Scheidung gilt der „Grundsatz der Eigenverantwortung“. §1569 BGB verpflichtet jeden Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Anspruch auf Ehegattenunterhalt besteht demnach nur aus ganz bestimmten, im Gesetz normierten Gründen. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt erfüllt, kann ein Unterhaltsanspruch des wirtschaftlich bedürftigeren Partners bestehen. In den meisten Fällen ist es die Frau, die nach der Scheidung Unterhalt vom Ex-Ehemann erhält.
Wann besteht Anspruch auf Ehegattenunterhalt?
Bei aufrechter Ehe tragen beide Partner durch Haushaltsführung und Erwerbseinkommen zum Familienunterhalt bei. Dies ändert sich, wenn die eheliche Gemeinschaft aufgelöst wird. Nunmehr geht es in erster Linie um die wirtschaftliche Existenz des Partners, der finanziell schlechter gestellt ist.
Nachehelicher Unterhalt soll nur dann zustehen, wenn ein Ehepartner aus bestimmten Gründen nicht in der Lage ist, sich gänzlich oder teilweise selbst zu erhalten. Ist der Ehepartner nachweislich dazu nicht in der Lage, kann ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt bestehen.
Der Gesetzgeber hat Fälle definiert, bei denen dies der Fall ist. Man spricht dann von Scheidungsunterhalt, Geschiedenen-Unterhalt, nachehelichem Unterhalt oder Ehegattenunterhalt. Dieser wird gegebenenfalls auf Antrag zugesprochen, wobei jeweils auf die Umstände des konkreten Einzelfalls zu achten ist. Der nacheheliche Unterhalt ist aber nach dem Willen des Gesetzgebers Ausnahme und nicht die Regel, Gerichte legen daher an die Voraussetzungen für den Ehegattenunterhalt grundsätzlich einen strengen Maßstab an.
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Wer hat Anspruch auf Ehegattenunterhalt?
Der Anspruch auf Unterhalt nach der Scheidung hängt vor allem von 2 Faktoren ab: der Bedürftigkeit und der Leistungsfähigkeit. Bedürftigkeit bedeutet, den Lebensunterhalt nicht aus eigenen Einkünften und Vermögen bestreiten zu können. Grundsätzlich ist der Ex-Partner nach der Scheidung verpflichtet, einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Tut er das nicht, wird ein fiktives Einkommen angenommen, auf dessen Basis sich der Ehegattenunterhalt berechnet.
Ob und wieviel Unterhalt geleistet werden kann, hängt auch von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ab. Leitlinien für den Unterhaltsbedarf von Unterhaltsberechtigten finden sich etwa in der Düsseldorfer Tabelle. Reicht das Einkommen jedoch nicht aus, um alle Unterhaltsverpflichtungen zu bestreiten, so geht Kindesunterhalt dem Ehegattenunterhalt vor.
In folgenden Fällen sieht das Gesetz einen Unterhaltsanspruch vor:
Unterhalt wegen der Betreuung eines Kindes (§ 1570 BGB):
Es besteht ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch für „mindestens drei Jahre“ wegen Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes. Diese Zeit kann sich verlängern, „wenn es der Billigkeit entspricht“ – etwa weil das Kind erhöhten Betreuungsaufwand erfordert oder Lernschwierigkeiten hat.
Altersunterhalt (§ 1571 BGB):
Von der Ehefrau kann aus Altersgründen nach der Scheidung keine Erwerbstätigkeit mehr verlangt werden. Für den Unterhalt gibt es dabei keine starre Grenze, betroffen sind aber zunehmend Frauen bereits ab einem Alter von 50 Jahren.
Ehegattenunterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen (§ 1572 BGB):
Eine Erwerbstätigkeit kann vom Ex-Partner aus gesundheitlichen Gründen nicht erwartet werden. Die Gründe müssen jedoch nachgewiesen werden und die Erkrankung darf nicht erst nach der Scheidung aufgetreten sein.
Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit
(§ 1573 Abs. 1 BGB):Unterhalt kann zustehen, wenn der Ehegatte nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit findet. Die aktive Arbeitssuche muss aber gegebenenfalls nachgewiesen werden.
Aufstockungsunterhal (§ 1573 Abs. 2 BGB):
Wenn die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit nicht ausreichen, kann der geschiedene Partner den Unterschiedsbetrag zum vollen Unterhalt fordern. Dieser kann sich am bisherigen Lebensstandard orientieren.
Ausbildungsunterhalt (§ 1575 BGB):
Wurde die Schul- oder Berufsausbildung wegen der Ehe abgebrochen und nach der Scheidung wiederaufgenommen, kann Unterhalt gefordert werden. Voraussetzung: es sind ein erfolgreicher Abschluss und dadurch eine angemessene Erwerbstätigkeit zu erwarten.
Unterhalt aus Billigkeitsgründen (§ 1576 BGB):
Ehegattenunterhalt kann außerdem gewährt werden, wenn aus „sonstigen schwerwiegenden Gründen“ eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann, Unterhalt aber dennoch gerechtfertigt ist.
Wer hat keinen Anspruch auf Ehegattenunterhalt
Erscheint die Unterhaltsverpflichtung „grob unbillig“, kann der Anspruch auf Ehegattenunterhalt durch das Gericht herabgesetzt, zeitlich begrenzt oder sogar gänzlich versagt werden. Gründe dafür sind insbesondere:
- wenn die Ehe nur kurz bestand
- der Unterhaltsberechtigte eine „verfestigte“ (= länger als 2 Jahre bestehende) neue Lebensgemeinschaft eingeht
- der Unterhaltsberechtigte ein schweres Vergehen oder Verbrechen gegen den Unterhaltsverpflichteten oder dessen nahe Angehörige verübt
- die Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt wird
- der Unterhaltsberechtigte wichtige Vermögensinteressen des Unterhaltsverpflichteten mutwillig beeinträchtigt
- wenn der Unterhaltsberechtigte vor der Trennung über längere Zeit nicht zum Familieneinkommen beigetragen hat
- bei schwerwiegendem Fehlverhalten gegen den Unterhaltsverpflichteten
- wenn ein anderer schwerwiegender Grund vorliegt.
Der Ehegattenunterhalt kann aber auch auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden, wenn ein an den bisherigen ehelichen Lebensverhältnissen orientierter Anspruch unbillig wäre. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, wenn der Ehepartner etwa zugunsten von Haushaltsführung oder Kindererziehung auf eigene Ausbildung oder Karriere verzichtet hat. Auch eine zeitliche Begrenzung ist möglich, wenn ein zeitlich unbegrenzter Anspruch auf Ehegattenunterhalt unbillig wäre, ebenso möglich ist die Kombination von Herabsetzung und zeitlicher Befristung. Außerdem kann kein Unterhalt gefordert werden, wenn:
- sich der Unterhaltsberechtigte aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst erhalten kann (§ 1577 BGB). Er muss aber sein Vermögen nicht verwerten, wenn dies „unbillig“ wäre.
- bei der Scheidung zu erwarten war, dass der Unterhalt durch Vermögen nachhaltig gesichert ist, dieses Vermögen jedoch später wegfällt.
Ausnahme: wenn beim Wegfall wegen Pflege und Erziehung der Kinder keine Erwerbstätigkeit möglich ist. - der Unterhaltsberechtigte erneut heiratet
Aber Achtung: Der Anspruch aus erster Ehe kann nach Scheidung der 2. Ehe wieder aufleben!
Generell erlischt die Unterhaltspflicht des Ehepartners mit Wiederverheiratung, Begründung einer Lebenspartnerschaft oder mit dem Tode des Berechtigten.
Wie hoch ist der Ehegattenunterhalt

Um den nachehelichen Unterhalt zu berechnen, muss zuerst das bereinigte Nettoeinkommen des Unterhalsverpflichteten ermittelt werden. Dazu werden vom Brutto-Einkommen Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und berufsbedingte Aufwendungen ebenso abgezogen, wie gewisse ehebedingte Verbindlichkeiten. Davon wird nun der Selbstbehalt von € 1280,-- abgezogen, der dem Unterhaltsverpflichteten zusteht. Der Rest – maximal 45% des bereinigten Nettoeinkommens – steht für den Ehegattenunterhalt zur Verfügung.
Dem Verpflichteten müssen zur Bestreitung seines eigenen Lebensunterhalts monatlich mindestens € 1280,-- verbleiben. Dieser „Selbstbehalt“ für den Unterhalt getrenntlebender Ehegatten aus 2021 gilt unverändert auch für 2022. Ist nur ein Partner erwerbstätig, beträgt der Ehegattenunterhalt 45% des anrechenbaren Erwerbseinkommens plus 50% der anrechenbaren sonstigen Einkünfte. Sind beide berufstätig beträgt der Unterhalt 45% der Differenz der anrechenbaren Erwerbseinkommen.
Nach § 1578 BGB bestimmt sich das Ausmaß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen und umfasst den gesamten Lebensbedarf. Dazu gehören auch: Kosten einer angemessenen Versicherung für Krankheit und Pflegebedürftigkeit
- Kosten einer Schul- Berufsausbildung bzw. einer Fortbildung oder Umschulung
- Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters und verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Ehepartner sind darüber hinaus verpflichtet, auf Verlangen über Einkünfte und Vermögen Auskunft zu erteilen.
Der Ehegattenunterhalt ist in Geld zu leisten. Anstelle der monatlichen Geldrente kann auch eine Kapitalabfindung vereinbart werden.
Die Ehegatten können für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen über die Ehegattenunterhalt treffen. Vor der Scheidung abgeschlossene Vereinbarungen sind nur mit notarieller Beurkundung gültig.
Dauer des Ehegattenunterhalts
Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf lebenslangen Ehegattenunterhalt, im Gesetz gibt es jedoch keine Regelung zur Dauer des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt. Das Gericht kann daher sowohl die Dauer als auch die Höhe des Anspruchs begrenzen. Hat man wegen der Ehe Nachteile in Kauf genommen – etwa auf die Karriere zugunsten der Kinderbetreuung verzichtet, kommt eine Befristung kaum in Frage. Hatte die Ehe sehr lange Bestand, kann ebenfalls unbefristeter Unterhalt zugesprochen werden.
Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs (§ 1586a BGB)
Der geschiedene Ehegatte kann Unterhalt fordern, wenn die nachfolgende Ehe/Lebenspartnerschaft wieder aufgelöst wird und er ein Kind aus der früheren Lebenspartnerschaft oder Ehe zu pflegen oder zu erziehen hat.
Tod des Verpflichteten (§ 1586b BGB)
Der Anspruch auf Unterhalt erlischt nicht durch den Tod des Verpflichteten. Die Unterhaltspflicht geht vielmehr als Nachlassverbindlichkeit auf den Erben über. Diese ist allerdings mit der Höhe beschränkt, die dem Partner bei nicht-geschiedener Ehe als Pflichtteil zustände.
Fazit: Anspruch auf Ehegattenunterhalt prüfen lassen
Entgegen vieler Vermutungen gibt es kein „Grundrecht auf Ehegattenunterhalt“. Ausschlaggebend für den Anspruch sind in erster Linie Bedürftigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Über den Anspruch und die Höhe des Unterhalts entscheidet letztlich das Gericht auf Antrag. Diese Entscheidungen hängen ganz wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und lassen sich kaum allgemein vorhersagen. Da es um die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz geht, sollten beide Ehegatten in jedem Fall anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.
Ob in Ihrem Fall ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht, können Sie z.B. durch einen Online-Check im SIEGFRIED CLUB prüfen.
