Von einem Sonderkündigungsrecht beim Strom spricht man, wenn ein Verbraucher seinen Stromvertrag kündigen kann, ohne dass er eine Kündigungsfrist einhalten muss. Es gibt einige Gründe, die ein Sonderkündigungsrecht ermöglichen, zum Beispiel eine Strompreiserhöhung oder ein Umzug. In diesem Artikel erfahren Verbraucher alles, was sie über ihr Sonderkündigungsrecht gegenüber Stromanbietern wissen müssen.
- Bei einer Strompreiserhöhung haben Kunden ein Sonderkündigungsrecht.
- Ein Sonderkündigungsrecht besteht außerdem bei einem Umzug, wenn der Strompreisanbieter den Kunden nicht zum gleichen Preis am neuen Wohnort beliefern kann.
- Wollen Kunden ihr Sonderkündigungsrecht wahrnehmen, müssen sie das Kündigungsschreiben selbst versenden und auf ihre Sonderkündigung hinweisen.
- Strompreiserhöhungen sollten Verbraucher immer überprüfen lassen, zum Beispiel mit einem Online-Check im SIEGFRIED CLUB.
Sonderkündigung Strom – Wann ist das möglich?
Eine Sonderkündigung des Stromvertrags ist eine außerordentliche Kündigung, die aus besonderen Gründen ausgesprochen werden kann. Diese sind in den meisten Fällen eine Strompreiserhöhung durch den Anbieter oder ein Umzug.

Ob eine Sonderkündigung in Ihrem individuellen Fall möglich ist, können Sie z.B. über einen Online-Check im SIEGFRIED CLUB prüfen.
Sonderkündigungsrecht bei Strompreiserhöhung
Eine Strompreiserhöhung muss der Anbieter mindestens sechs Wochen vorher ankündigen und den Kunden auf das Sonderkündigungsrecht hinweisen. Dann kann der Kunde von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und den Stromvertrag außerordentlich kündigen.
Eine Sonderkündigung muss der Kunde immer selbst durchführen. Das heißt, er muss selbst schriftlich kündigen und auf sein Sonderkündigungsrecht Bezug nehmen. Er kann die Kündigung in diesem Fall nicht dem neuen Stromanbieter überlassen, wie es oft bei einem Anbieterwechsel gehandhabt wird.
Strompreiserhöhung 2022 – so erkennen Sie eine Preiserhöhung
Stromanbieter sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Kunden transparent über Preiserhöhungen zu informieren und sie auf ihr Sonderkündigungsrecht hinzuweisen. Das heißt, sie müssen ihre Kunden klar, deutlich und verständlich darauf hinweisen, wenn sie ihre Preise erhöhen. In der Praxis gibt es aber leider immer noch Fälle, in denen das nicht passiert. Zum Beispiel werden Preiserhöhungen irgendwo in langen Briefen, zum Beispiel in neuen AGB, “versteckt” oder durch umständliche Formulierungen verschleiert.
Darüber hinaus kann es sein, dass der Anbieter von einer “Preisanpassung” oder “Preisveränderung” spricht, aber nicht deutlich formuliert, dass die Preise erhöht werden.
Verbraucher sollten daher alle Dokumente und Schreiben, die sie von ihrem Strompreisanbieter erhalten, aufmerksam durchlesen. Sind darin Formulierungen enthalten, die auf das Sonderkündigungsrecht hinweisen, spricht das für eine Preiserhöhung. Zum Beispiel Sätze wie “durch die Vertragsänderung ergibt sich für Sie ein Sonderkündigungsrecht” oder ähnliches.
Bereits mehrfach wurden Energieanbieter verurteilt, weil sie sich bei Preiserhöhungen nicht an die gesetzlichen Regeln gehalten haben. Hier zwei Beispiele:
- Das Landgericht Verden hat der BSE Strom- und Erdgas GmbH per einstweiliger Verfügung verboten, Preiserhöhungen mit einer Frist von unter einem Monat anzukündigen. Außerdem darf das Unternehmen keine Mitteilungen zur Preiserhöhung mehr verschicken, in denen die einzelnen Preisbestandteile nicht klar aufgeschlüsselt werden (Urteil vom 10.10.2022, Az: 3 O 194/22).
- Das Oberlandesgericht Köln hat dem Strom- und Gasanbieter Strogon GmbH verboten, Preisänderungen per Mail zu verschicken, in denen die einzelnen Kostenfaktoren nicht aufgelistet werden (Urteil vom 26.06.2020, Az: 6 U 303/19).
Strompreiserhöhung: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung der Umlagen
Der Strompreis wird nicht allein durch die Energieversorger bestimmt, sondern auch durch Steuern und Abgaben an den Staat. Beim Strompreis sind es vier sogenannte Umlagen, die den Strompreis mitbestimmen. Aber was ist, wenn die Strompreiserhöhung durch die Erhöhung oder Neueinführung solcher Umlagen zustande kommt? Dann haben Kunden prinzipiell auch ein Sonderkündigungsrecht. Es gibt jedoch diese Ausnahmen:
- Eine höhere oder niedrigere Mehrwertsteuer kann der Anbieter an die Kunden weitergeben, ohne darüber zu informieren und ohne dass die Kunden ein Sonderkündigungsrecht haben.
- Es ist rechtmäßig, wenn der Stromanbieter in seinen AGB festlegt, dass er veränderte Kosten direkt an den Kunden weitergibt (egal, ob sie fallen oder steigen). In diesem Fall darf der Anbieter auch höhere Umlagen auf den Preis aufschlagen, ohne dass ein Sonderkündigungsrecht besteht.
- Zahlt der Kunde nach einiger Zeit mehr für seinen Strom, weil ein zuvor gewährter Bonus wegfällt, besteht ebenfalls kein Sonderkündigungsrecht. Zum Beispiel, wenn nach einer bestimmten Zeit ein Neukundenbonus entfällt. Denn dann handelt es sich nicht um eine Preiserhöhung.
Abgesehen von diesen Ausnahmen dürfen Energieversorger gestiegene Preise nicht auf höhere Umlagen schieben. Dies wurde zum einen durch die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes geregelt und zum anderen bereits durch Urteile bekräftigt. Zum Beispiel durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Juli 2017 (Az: VIII ZR 163/16). In dem Fall hatte ein Stromanbieter das Sonderkündigungsrecht in seinen AGB ausgeschlossen, wenn die Preiserhöhung durch Abgaben, Umlagen und Steuern zustande kommt.
Strompreiserhöhung unwirksam: So verhalten Sie sich richtig
Hält ein Strompreisanbieter sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben zur Mitteilung einer Preiserhöhung, ist diese unwirksam. Das heißt, Verbraucher müssen diese auch nicht akzeptieren. So sollten sie bei einer Preiserhöhung vorgehen:
- Preiserhöhung prüfen:
Sobald sie feststellen, dass sie mehr für ihren Strom bezahlen, sollten Verbraucher alle Mitteilungen ihres Anbieters überprüfen. Wurde vielleicht eine eindeutige Ankündigung übersehen? Ist das nicht der Fall, findet sich in den Schreiben ein versteckter bzw. nicht eindeutiger Hinweis auf die Preiserhöhung? - Widersprechen und Sonderkündigungsrecht wahrnehmen:
Sind Kunden der Ansicht, dass sie nicht über die Preiserhöhung aufgeklärt wurden, können sie dieser widersprechen. Außerdem besteht ein Sonderkündigungsrecht immer ab dem Zeitpunkt, an dem der Kunde von der Preiserhöhung erfährt. Daher sollten Betroffene auch jetzt noch ihr Sonderkündigungsrecht wahrnehmen und dies ihrem Stromanbieter mitteilen. - Rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen:
Wer sich unsicher ist und nicht weiß, ob eine Strompreiserhöhung rechtmäßig ist, sollte diese überprüfen lassen. Experten kennen die unzulässigen Klauseln aus ihrer Erfahrung und können dadurch schnell einschätzen, ob der Kunde ordnungsgemäß über die Preiserhöhung informiert wurde.
Ob die Strompreiserhöhung in Ihrem Fall zulässig ist, können Sie z.B. über einen Online-Check im SIEGFRIED CLUB prüfen.
Strom: Sonderkündigungsrecht nach Umzug
Seit Juli 2021 steht Stromkunden nach § 41b Abs. 4 EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) ein Sonderkündigungsrecht zu, wenn
- der bisherige Stromanbieter die neue Wohnung nicht beliefern kann oder
- sich durch den Umzug eine Preiserhöhung ergibt.
Kunden können also bei einem bevorstehenden Umzug kündigen. Anschließend hat der Anbieter zwei Wochen Zeit, um seinem Kunden ein Angebot für die neue Wohnung zum gleichen Preis zu machen. Tut er das nicht, muss er die Kündigung bestätigen und diese wird wirksam.
Um das Sonderkündigungsrecht bei einem Umzug wahrzunehmen, müssen Kunden das Kündigungsschreiben selbst verfassen und es mindestens sechs Wochen vor dem Umzug an den Stromanbieter senden.
Wollen Betroffene nach einem Umzug den Stromanbieter wechseln, sollten sie sich schnell um einen neuen Anbieter kümmern. Wird dabei nicht das Sonderkündigungsrecht, sondern die reguläre Kündigungsfrist in Anspruch genommen, kann auch der neue Anbieter die Kündigung übernehmen.
Für das Sonderkündigungsrecht ist es nicht maßgeblich, ob es sich um einen befristeten oder unbefristeten Vertrag handelt. Liegt einer der genannten Gründe für ein Sonderkündigungsrecht vor, ist die Vertragsart nicht entscheidend.
Strom-Sonderkündigungsrecht: Diese Fristen müssen Sie beachten
Diese Fristen gelten für die Sonderkündigung von Stromverträgen:
- Bei Sonderkündigung wegen Preiserhöhung:
Das Sonderkündigungsrecht besteht ab dem Zeitpunkt, an dem der Kunde schriftlich über die Preiserhöhung informiert wird. In der Regel gilt dann eine Kündigungsfrist von zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens. Um die genaue Frist für den eigenen Vertrag einzuhalten, sollten Verbraucher bei ihrem Anbieter nachfragen oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nachsehen. - Bei Sonderkündigung wegen Umzugs:
Nach § 41b Abs 5 EnWG beträgt die Kündigungsfrist sechs Wochen zum Zeitpunkt des Auszugs.
Generell sollte man die Kündigung in den genannten Fällen sofort versenden, sobald man von den Umständen zur Sonderkündigung erfährt. Das heißt, sobald man von der Preiserhöhung erfährt oder weiß, dass man umziehen wird.
Von Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen: Musterbrief
Wer sein Sonderkündigungsrecht wahrnehmen möchte, sollte darauf explizit im Anschreiben Bezug nehmen, zum Beispiel mit einer Formulierung wie “aufgrund der Preiserhöhung vom … nehme ich mein Sonderkündigungsrecht wahr.” Außerdem sollten diese Angaben enthalten sein:
- Namen und Anschrift
- Kundennummer
- Zählernummer
Alles was Sie zur Kündigung Ihres Gasvertrags wissen müssen, können Sie hier nachlesen.
Fazit: Strompreiserhöhung überprüfen lassen
Ein Sonderkündigungsrecht können Verbraucher bei einer Erhöhung des Strompreises und in den meisten Fällen bei einem Umzug wahrnehmen. Dazu müssen sie jedoch im Fall einer Strompreiserhöhung ordnungsgemäß darüber informiert werden. Das ist in der Praxis aber oft nicht der Fall.
Wer sich wegen eines Schreibens seines Stromanbieters nicht sicher ist oder ein Sonderkündigungsrecht generell überprüfen lassen möchte, sollte sich daher an Experten wenden. Über einen Online-Check im SIEGFRIED CLUB können Sie Ihre individuellen Handlungsmöglichkeiten prüfen.
